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Adoptivkinder klagen Wer bekommt die Millionen? Erbschlacht um Erwin Müllers Drogerie-Imperium

Erwin Müller (91) und Frau Anita (66) sind "menschlich enttäuscht" – von den eigenen Adoptivkindern.
Erwin Müller (91) und Frau Anita (66) sind "menschlich enttäuscht" – von den eigenen Adoptivkindern.
© picture alliance / SvenSimon | Julian Meusel / SVEN SIMON / Picture Alliance
Erst waren Andreas, Stefanie und Adrian J. seine Jagdfreunde, dann adoptierte Drogeriekönig Erwin Müller die drei. Ursprünglich verzichteten sie auf ein mögliches Erbe – nun ziehen sie dafür vor Gericht. Wer ist das Trio?

Heute würde Erwin Müller die Entscheidung von damals wohl als Fehler bezeichnen: Es war das Jahr 2015 und der Drogeriekönig noch fit genug für die Wildjagd. Den passionierten Schützen begleiteten ein befreundetes Ehepaar und der Bruder des Mannes: Andreas, Stefanie und Adrian J.; Müller hatte sie Anfang der Nullerjahre kennengelernt und ins Herz geschlossen.

Zur gleichen Zeit zerbrach die Beziehung zu seinem einzigen leiblichen Sohn Reinhard endgültig und Müller entschloss sich, das Trio zu adoptieren. Im Adoptionsvertrag verzichteten die drei auf ihren Pflichtteil und erhielten stattdessen über die Jahre hinweg erhebliche Einmalzahlungen – doch das war offenbar nicht genug.

Adoptivvertrag soll sittenwidrig und formnichtig sein

Denn nun fordern die drei Adoptivkinder ihren Pflichtteil des Erbes und klagen deswegen gegen den 91-Jährigen Müller und seine Frau Anita. Nach Angaben des Landgerichts Ulm geht es um den Vertrag, in dem die drei erwachsenen Adoptierten auf ihren Pflichtteil verzichtet haben. Begonnen hat die Verhandlung am Montag.

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbes. Vor der Adoption hätte der Frau und dem Sohn je die Hälfte von Müllers Gesamtvermögen zugestanden. Der Pflichtteil wäre die Hälfte dieser Hälfte gewesen – also ein Viertel. Dies hätte Sohn Reinhard mindestens geerbt, auch wenn Müller seiner Frau Anita testamentarisch "alles" vererbt hätte. Bei insgesamt vier Kindern wäre das gesetzliche Erbe nur noch ein Achtel gewesen, die den Kindern zustehende Hälfte des Gesamterbes durch vier. Der Pflichtteil wäre also nur noch ein Sechzehntel.

"Wir greifen den Pflichtteilverzichtsvertrag an, weil wir ihn für sittenwidrig und formnichtig halten", erklärte Maximilian Ott, der Anwalt der Adoptierten. Das Ehepaar Müller wird durch den Anwalt Anton Steiner vertreten. Der erklärte auf Anfrage der dpa, dass laufende Verfahren grundsätzlich nicht kommentiert würden.

Für Müller "große menschliche Enttäuschung"

Gegenüber dem manager magazin jedoch lässt Müller mitteilen: "Es handelt sich um den offensichtlichen Versuch, aus der Adoption doch noch Geld rauszuholen, obwohl die Adoptivkinder stets versichert hatten, keine materiellen Interessen zu verfolgen." Für Herrn Müller sei dies eine große menschliche Enttäuschung. Die Adoptivkinder wollten sich zu dem Vorgang nicht äußern.

Anlass für den Unmut von Andreas, Stefanie und Adrian J. war die Feier zu Müllers 90. Geburtstag. Sie saßen nicht am Tisch des Geburtstagskinds. Maximilian Ott, Anwalt der Adoptivkinder, sagte gegenüber BILD: "Meine Mandanten fühlten sich aus der Familie gedrängt. An diesem Tag ist ihnen klar geworden, dass sie ausgenutzt wurden, um Druck auf Reinhard Müller auszuüben, der daraufhin mit einer geringeren Abfindung das Unternehmen verlassen hat. Sie sind menschlich tief enttäuscht."

Der Vorwurf: Müller habe das Trio nicht aus Nächstenliebe, sondern aus Kalkül adoptiert – und seinen Sohn Reinhard so mit einer geringen Abfindung abspeisen können. Doch offenbar hatten auch Andreas, Stefanie und Adrian J. die Gunst des Drogeriekönigs verloren – wie viele andere vor ihnen. Über die Jahre holte Müller immer wieder Menschen in seinen innersten Kreis, die diesen bald aber auch wieder unfreiwillig verließen. Aktuell gibt es neben Frau Anita niemanden, der Müllers Milliarden erben würde. Sohn Reinhard hat schon vor Jahren eine Abfindung bekommen.

Bescheidene Anfänge

Der gelernte Friseur Erwin Müller errichtete 1953 nach Firmenangaben in der elterlichen Wohnung im bayerischen Unterfahlheim seinen ersten Salon ein, den er später nach Neu-Ulm verlegte. 1966 kam er demnach auf die Idee, im Salon auch Kosmetik und Drogerieartikel anzubieten.

1969 brachte Müller von einer Rundreise durch Kanada und die USA die Idee von Drugstores mit Waren des täglichen Bedarfs und von großen SB-Warenhäusern mit. 1973 eröffnete er in Ulm schließlich seinen ersten reinen Drogeriemarkt. Heute hat die Drogeriekette eigenen Angaben zufolge rund 35 000 Mitarbeiter und mehr als 900 Filialen in Europa.

Korrekturhinweis: An dieser Stelle stand, dass die Adoptivkinder nicht zu Müllers 90. Geburtstag eingeladen waren. Das ist nicht korrekt, sie waren dort, saßen aber an einem anderen Tisch als das Geburtstagskind.  

mit dpa

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