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Narco-Staaten Terror und Atomwaffen: Wie sich der Iran durch den internationalen Rauschgifthandel finanziert

Soldat der Revolutionsgarde im Iran mit Sturmmaske steht in Menschenmenge und zielt mit seiner Panzerfaust auf die Kamera
Der Iran und seine Stellvertreter stehen an vorderster Front des Nahost-Konflikts. Doch wie finanzieren sie sich?
© Middle East Images / Imago Images
Die Krise im Nahen Osten droht jederzeit zu eskalieren. Im Zentrum: der Iran und seine Stellvertreter. Seinen Terror finanziert das Mullah-Regime nicht nur mit Öl – sondern auch Drogen.

Mindestens 481 Menschen hat das iranische Regime laut Amnesty International im vergangenen Jahr wegen Drogendelikten hingerichtet. Die Führung in Teheran geht mit unerbittlicher Härte gegen Rauschgift vor – so scheint es zumindest. Das Paradoxe: Nach Erkenntnissen westlicher Sicherheitsbehörden ist das Land jedoch selbst massiv in den internationalen Drogenhandel verstrickt. Der Iran ist auf die Drogenmilliarden angewiesen. Schließlich finanziert das Mullah-Regime damit zu großen Teilen seinen Militärapparat – und damit auch seine Aggressionen gegen Israel. Das Ergebnis: Die Islamische Republik wird von Ermittlern als ein sogenannter "Narco-Staat" bezeichnet, als ein Land, dessen Institutionen vom illegalen Drogenhandel durchdrungen sind. 

Hochrangige iranische Beamte Teil des Drogenhandels

Der Iran hat eine lange Geschichte des Drogenschmuggels, denn das Land grenzt an den größten Heroinproduzenten der Welt: Afghanistan. Das von den Taliban kontrollierte Land produziert 85 Prozent des weltweiten Opiums, fast ein Drittel davon wird durch den Iran geschmuggelt. Der Großteil des illegalen Handels von und nach Iran wird über offizielle und von den Revolutionsgarden kontrollierte Häfen und Grenzübergänge abgewickelt.

Bereits 2009 veröffentlichte Wikileaks vertrauliche Dokumente aus der US-Botschaft in Aserbaidschan. Die Enthüllungen zeigten, dass iranische Sicherheitskräfte aktiv mit afghanischen Schmugglern zusammenarbeiten. Verhöre iranischer Schmuggler in Aserbaidschan ergaben zudem, dass iranische Sicherheitskräfte aktiv am Transit und Handel von Drogen sowie am Betrieb von Heroinlaboren beteiligt sein sollen. 

Meth erobert die iranischen Straßen

Im vergangenen Jahr berichtete die Global Initiative Against Transnational Crime, dass die Droge Meth im Iran wieder auf dem Vormarsch sei. 2020 haben iranische Behörden dreimal so viel von dem Amphetamin beschlagnahmt wie im Vorjahr. Dieser Meth-Boom lässt sich unter anderem auf die Entdeckung eines neuen pflanzlichen Ausgangsstoffes in Afghanistan zurückführen. Die Autorinnen des Berichts warnten damals davor, dass der Handel mit der tödlichen Droge eine neue Einnahmequelle für die Revolutionsgarden sein könnte.

Doch nicht nur das iranische Regime hängt am Tropf des internationalen Drogenhandels, auch seine Verbündeten sind offenbar tief involviert. Einer davon ist die Hisbollah, eine der Stellvertretergruppen Irans im Libanon.

Mitte der 2000er-Jahre lieferte der Iran der Hisbollah laut "Washington Post" Ausrüstung zur Produktion der Droge Captagon. Das Amphetamin wird als leistungs- und konzentrationssteigernd beschrieben. Viele der Hamas-Terroristen die am 7. Oktober Israel angegriffen haben, sollen die Droge zuvor konsumiert haben.

Dem "Washington Post"-Bericht zufolge produziert die Miliz seit einigen Jahren auch in Syrien Captagon, in Zusammenarbeit mit dem Assad-Regime. Die BBC konnte den jüngeren Bruder des syrischen Präsidenten, Maher al–Assad, als Mittäter identifizieren. Er soll die Einheit der syrischen Armee befehligen, die den Vertrieb und die Herstellung der Drogen ermöglicht. 2023 schätzte das britische Außenministerium den Umsatz des Captagon-Handels auf 57 Milliarden Dollar. 80 Prozent des Volumens davon werde in Syrien hergestellt und treibe Assads Kriegsmaschinerie an, so die Regierung in London.

Auch die Huthis sind in den Drogenschmuggel involviert

Ein weiterer Ableger des iranischen Regimes sind die Huthis. Auch diese Terrorbewegung im Jemen finanziert sich durch die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf einen anonymen hochrangigen Beamten des Iran, dass die Islamische Republik die Huthis mit Rauschgift beliefere. Die wiederum verkauften das Produkt dann in den umliegenden Golfstaaten weiter. Nach Angaben der britischen Botschaft im Jemen ist der Staat auf der Arabischen Halbinsel zu einem wichtigen Teil der Route für den Drogenschmuggel geworden.

Laut dem Hudson Institute, einem Think-Tank in den USA, hat der Iran vergangenes Jahr auch den Huthis Material zur Herstellung von Amphetaminen zur Verfügung gestellt. Damit kann Captagon nun auch im Jemen in großem Stil hergestellt und in die Nachbarländer geschmuggelt werden.

Captagon auch in Europa gefunden

Die illegalen Drogen finden auch ihren Weg nach Europa und Deutschland – die Abhängigen finanzieren also, ohne es zu wissen, Terrorgruppen. Erst im Juli 2023 erhob die Staatsanwaltschaft Dresden Anklage gegen eine mutmaßliche Bande iranischer Drogenhändler. Diese sollen 2100 Kilogramm Heroin aus dem Iran nach Deutschland geschmuggelt haben.

Doch nicht nur als Abnehmer, sondern auch als Zwischenstop spielt Europa eine wichtige Rolle, vor allem im Captagon-Handel. Nach Angaben der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht wird die Droge in Europa häufig umverpackt, um den Schmuggel zu erleichtern. Das eigentliche Ziel der Lieferungen sind Staaten wie Saudi-Arabien oder Jordanien. 

Drogengelder finanzieren Kampf gegen Israel

Der Drogenhandel über den Iran ist nicht nur ein Problem für Europa, sondern tatsächlich auch für die Islamische Republik selbst. Exportschlager hin oder her – die Drogen stellen den Iran auch selbst vor gewaltige Probleme. Nach Angaben der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht lag die Abhängigkeitsrate im Iran 2019 bei bis zu 2,8 Prozent – eine der höchsten weltweit. Schätzungsweise zwei bis drei Millionen der 81 Millionen Iraner sind drogenabhängig. Zum Vergleich: In Deutschland sind es circa 160.000.

Ilan Goldenberg ist Experte für Außenpolitik und Verteidigung. Er sieht in dem Abhängigkeitsproblem im Iran eine Lösung, den Drogenhandel der Revolutionsgarde zu bekämpfen. In einem Bericht des Think-Tanks ViTTa erklärt er, dass die allermeisten Iraner gar nichts über die Verstrickung der Revolutionsgarde in den internationalen Drogenhandel wüssten. Aufklärung sei also die Lösung. Doch selbst wenn: Mit welch brutaler Härte das Regime jegliche Form von Widerstand handhabt, das haben die Machthaber in den vergangenen Jahren im Umgang mit der Frauenrechtsbewegung mehr als einmal bewiesen. Dass das Volk die Revolutionsgarden in Sachen Drogenhandel zu irgendetwas zwingen kann, scheint folglich eher unwahrscheinlich.

Derzeit wird der Handel mit Rauschgift von den westlichen Sanktionen gegen den Iran nicht erfasst. Amir Hamidi, US-Diplomat und Terrorismusexperte, zieht ein bitteres Fazit: Der Drogenhandel sei eine der Haupteinnahmequellen der Revolutionsgarden. Solange die Revolutionsgarden nicht in ihren illegalen Machenschaften gestoppt werden, finanziert der Drogenhandel weiter die Aggressionen gegen Israel.

Weitere Quellen: Reuters; Human Rights Watch; Washington Institute; FDD:Global Initiative against Transnational Organized Crime; Global Initiative against Transnational Organized Crime 2;  Combatting Terrorism Center

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