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Lange erwarteter Nachfolger Beats Solo 4 im Test: Nicht groß genug gedacht

Beats Solo 4 in Slate Blue
Der Beats Solo 4 passt nicht jedem Erwachsenen so gut wie hier an einem Kinderkopf
© Malte Mansholt / stern
Acht Jahre ist es her, dass Beats zuletzt seinen beliebtesten und günstigsten Kopfhörer aktualisiert hat. Nun erscheint mit dem Beats Solo 4 der Nachfolger. Der macht einiges richtig. Warum er trotzdem nicht für jeden eine gute Wahl ist, verrät der Test. 
 

Acht Jahre sind eine lange Zeit. 2016 hoffte Deutschland auf den EM-Titel und Donald Trump wollte Präsident werden. Beides stimmt auch jetzt – und doch hat sich die Welt seitdem rasant weiter gedreht. Auch auf dem Kopfhörermarkt hat sich viel getan. Kann der Beats Solo 4 da mithalten?

Beim Design gibt es zunächst keine großen Experimente. Der Solo 4 setzt auf den typischen Beats-Look. Das in Schwarz, Hellrosa und einem schicken Blauton erhältliche Plastikgehäuse wirkt altbekannt. Die Ohrmuscheln sind nun aus einem weichen Kunstleder gefertigt, liegen angenehm auf den Ohren. 

Beats Solo 4 im Test: Nichts für Großkopferte

Die Solo 4 decken das Ohr nicht ganz ab, sondern liegen nur auf ("On-ear" statt "over-ear"). Damit sie trotzdem Außengeräusche abschirmen, sitzen sie sehr fest auf dem Ohr. Der feste Sitz hat zudem den Vorteil, dass die Kopfhörer auch in Bewegung nicht leicht verrutschen und etwa beim Gehen oder beim Sport fest auf den Ohren bleiben.

Das kann aber auch ein Nachteil sein: Sowohl bei mir als auch bei meiner Frau fielen die Solo 4 schlicht zu klein aus. Nach einiger Zeit ist der Druck der auf den Ohren aufliegenden Kissen eher unangenehm, bei mir hinterließen die Muscheln nach einer Stunde sichtbare Druckstellen und Rötungen. 

Daran änderten auch die verstellbaren Bügel nichts: Sie erhöhen zwar den Abstand der Ohrmuscheln, aber eher nach oben als in die Breite. Nach einer Weile musste ich mir eingestehen: Dieser Kopfhörer ist leider nicht für mich gebaut. 

Der Beats Solo 4 liegt neben einem iPod Nano
Mit seinem Klinkenanschluss kann der Beats Solo 4 sogar für ältere Audiogeräte wie einen iPod Nano genutzt werden
© Malte Mansholt / stern

Am Sound geschraubt

Das ist besonders deshalb schade, weil die Apple-Tochter beim Sound viel richtig gemacht hat. Die Lautsprecher-Architektur wurde komplett überarbeitet. Die Solo 4 bieten den typisch Bass-lastigen Beats-Sound, ohne Höhen und Mitten zu zerquetschen. Gerade moderne Musik kommt mit ihnen gut zur Geltung. Da es keinen Equalizer gibt, setzt Beats auf eine sehr ausgewogene Abschmischung, die über viele Audio-Formate gut funktioniert, aber bei keinem soundmäßig hervorsticht.

Ein großes Plus dabei: Die Solo 4 lassen sich anders als die teureren Modelle des Herstellers immer noch mit einem Kabel nutzen. Beats verspricht, dass klanglich keine Unterschiede zwischen dem Anschluss per Klinke, USB-C oder Bluetooth zu hören sind. Einzige Ausnahme: Lossless-Formate können nur per Kabel ihren volle Klangpracht entfalten.

Einige Audio-Neuerungen der letzten Jahre sind ebenfalls an Bord. Die wichtigste ist sicher Spatial Audio. Zum ersten Mal unterstützen nun auch die Solo-Kopfhörer den 3D-Klang. Die richtigen Medien vorausgesetzt lässt der es so wirken, als ob 64 Lautsprecher im Raum verteilt sind. Das klingt schon bei Musik stark, seine besondere Wirkung entfaltet es aber bei Filmen und Serien. Jeder Regentropfen, jedes Rascheln und jede Explosion lassen sich genau im Raum verorten. Ein Effekt, der auch bei den Solo 4 toll funktioniert. Um den Effekt zu verstärken, erkennen sie zudem die Bewegung des Kopfes und passen den Klang entsprechend an.

Beim Micro setzt Beats ebenfalls auf überarbeitete Technik: Die Mikrofon-Einheit filtert Dank KI-Training nun noch besser Störgeräusche heraus, um Anrufe klarer wirken zu lassen. 

Keine Premium-Features

Schade: Noise Cancelling, also die aktive Geräuschunterdrückung, bietet der Solo 4 genausowenig wie einen Transparenzmodus. Diese Funktionen bleiben bei Apple weiter den Premium-Modellen vorbehalten. Geht es um Störgeräusche, kann die eng anliegende Ohrschale allerdings schon alleine viel leisten: Hört man auch nur leise Musik, sind Gespräche oder Verkehrsgeräusche nur noch entfernt zu hören. 

Das hat natürlich auch Nachteile. Im Test bekam ich gleich mehrfach nicht mit, dass jemand mich anzusprechen versuchte. Auch auf dem Fahrrad sollte man die Solo 4 deshalb lieber nicht tragen. Hier wäre ein Transparenzmodus, bei dem die Außengeräusche ins Innere weitergegeben werden, wirklich wünschenswert.

Der Beats Solo 4 in Slate Blue
Der Vorgänger setzte noch auf Micro-USB, der Beats Solo 4 lädt über USB-C. Gut: wird er darüber mit dem Smartphone verbunden, kann man auch beim Laden weiterhören
© Malte Mansholt / stern

Weitere fehlende Premium-Funktionen sind eher Komfortfunktionen. Anders als etwa der mittlerweile nicht mehr hergestellte Beats Solo Pro (hier finden Sie den Test) schaltet sich der Solo 4 etwa nicht ab, wenn man die Bügel einklappt. Zudem erkennt er nicht, ob er gerade getragen wird. Stattdessen muss man ihn immer manuell per Knopf ein- und ausschalten – oder er dudelt weiter vor sich hin.

Das mindert dann natürlich die Laufzeit: Knapp 50 Stunden soll der Solo 4 laut Hersteller durchhalten, im Praxistest scheint das realistisch. Ist der Solo 4 leer, ist das aber kein Weltuntergang: Über den neuen USB-C-Anschluss lässt sich der Kopfhörer in zehn Minuten mit Saft für bis zu fünf Stunden betanken. Und auch ganz ohne kann man Musik hören: Ist der Beats Solo 4 per Kabel verbunden, braucht er gar keinen eigene Stromversorgung.

Allrounder für Android und iOS

Ein weiterer Wegfall ist eigentlich ein Plus: Anders als die meisten Beats-Modelle setzt der Solo 4 nicht auf Apples hauseigene Chips der H- oder W-Reihe, die etwa ein schnelleres Koppeln ermöglichen. Stattdessen wird ein eigens entwickelter Chip verbaut. Das ist aufs Ganze gesehen aber ein Vorteil: Der Chip des Beats Solo 4 erlaubt es, die Vorteile sowohl des Apple- als auch des Google-Ökosystems für sich zu nutzen. 

So funktioniert die Einrichtung sowohl beim iPhone als auch einem Android-Gerät einfach durch das Einschalten des Kopfhörers – und schon wird auf dem nahen Smartphone das erste Koppeln angeboten. Auch über mehrere Geräte lassen sich die Kopfhörer unkompliziert weiterreichen, wenn die Systeme das unterstützen und derselbe Nutzer eingeloggt ist. Damit bietet der Solo 4 sowohl Apple- als auch Google-Nutzern fast vollständig die gleichen Funktionen – anders als es etwa bei den Airpods der Fall ist. Die einzigen Unterschiede: Spatial Audio, Siri-Aktivierung per Stimme und Audio Sharing, also das Teilen von Musik mit kompatiblen Apple-Kopfhörern, gibt es für Android nicht.

Fazit Beats Solo 4: Modern, aber nicht groß genug gedacht

Mit den Beats Solo 4 hat Beats seinem meistverkauften Kopfhörer ein lange nötiges Update verpasst. Der verbesserte Klang, die neuen Ohrschalen und moderne Audio-Funktionen wie Spatial Audio und Audio Sharing sind willkommene Neuerungen. Schade: Durch das Weglassen von Noise Cancelling und Komfortfunktionen wie dem Abschalten durch Zuklappen bleibt weiter eine spürbare Kluft zu den Premium-Geschwistern. 

Die ist vor allem wegen des Preises durchaus ein Problem: 230 Euro kostet der Solo 4. Für knapp 40 Euro mehr bekommt man aber schon den Beats Studio Pro – der bequemer sitzt und aktives Noise Cancelling bietet. Und das ist nur die Konkurrenz im eigenen Haus. Gute Alternativen wie der Sony WH-1000XM3 bieten ebenfalls die Premium-Features – und kosten teils weniger als der Solo 4. Vermutlich dürfte dessen Preis daher relativ schnell fallen.

Das größte Ausschlusskriterium ist aber im Zweifelsfall der enge Sitze: Vor dem Kauf sollte man die Kopfhörer unbedingt anprobieren. Wer einen eher breiteren Kopf hat, dürfte mit den Solo 4 nicht glücklich werden.

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