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Was passiert, wenn ... 24 Stunden wach: Was schon eine schlaflose Nacht mit dem Körper macht

Frau liegt bäuchlings auf Sofa
Je weniger Schlaf, desto schlechter funktioniert der Mensch.
© Imago Images
Ohne genug Schlaf funktioniert der Mensch nicht. Trotzdem bleiben wir oftmals viel zu lange wach, bis wir nur noch zombiehaft durch die Welt geistern. Klug ist das nicht. Diese Auswirkungen hat bereits kurzfristiger Schlafentzug auf den Körper.

Kleine Kinder scheuen ihn wie der Teufel das Weihwasser und Erwachsene können nie genug von ihm bekommen: Schlaf. Im Schlaf regenerieren wir uns von unserem stressigen Alltag und der Körper lädt seine Akkus wieder auf. Das Gehirn wird aufgeräumt und Platz für Neues geschaffen. Aber was passiert, wenn der Körper diese Erholungsphasen nicht bekommt, wir etwa mal wieder getanzt haben, bis die "Wolken wieder lila sind" oder uns der Jetlag von der letzten Dienstreise wachhält?

Offiziell hat es bisher niemand länger geschafft wach zu bleiben als Randy Gardner. Der 17-Jährige schaffte es 1965 bei einer Wissenschaftsveranstaltung 264 Stunden lang ohne Schlaf auszukommen. Das sind rund 11 Tage. Nachmachen sollte man das nicht. Denn um die körperlichen Auswirkungen von Schlafentzug zu spüren, reicht bereits eine durchgemachte Nacht. Während des Schlafes verarbeiten wir die Eindrücke und Bilder, die im Laufe des Tages auf uns einprasseln. Gedächtnisinhalte werden verfestigt und das Gehirn sozusagen neu formatiert. Schlafen wir zu wenig, bringt das die Prozesse ins Ungleichgewicht.

Schlafentzug kann sich wie Rausch anfühlen

Schon nach 24 Stunden ohne Schlaf nehmen unsere neurokognitiven Fähigkeiten ab. Studien belegen, dass wir uns schlechter konzentrieren können, sich die Aufmerksamkeitsspanne verkürzt und wir einen schlechteren Zugriff auf unser Langzeitgedächtnis haben. Laut der Neurowissenschaftlerin Claudia Aguirre liegt das auch an unseren Hormonen. So erklärt sie in einem TED-Video, dass wir unseren Hormonzyklus durcheinanderbringen, wenn wir unserer inneren Uhr nicht folgen und uns trotz Müdigkeit zum Wachbleiben zwingen. So komme unter anderem die Produktion der Hormone Adenosin und Melatonin aus dem Takt. 

Was sich dann im Kopf bei Übermüdung abspielt, ähnelt tatsächlich dem eines Rauschzustandes. So ergab eine Studie, dass wir nach 24 Stunden Schlaf ähnlich geistig eingeschränkt sind wie mit einem Promille Alkohol im Blut. Wie auch im alkoholisierten Zustand ist die Reaktionsgeschwindigkeit verlangsamt, wir sind schneller gereizt und risikofreudiger. Äußere Einflüsse wie helles Licht oder laute Geräusche werden schneller als störend wahrgenommen, da das Gehirn verschiedene Reize nicht mehr so gut auseinanderhalten kann – ähnlich wie bei Schizophrenie-Patienten. Schlafentzug über 24 Stunden hinaus könne, fanden Forschende der Universität Bonn und des King's Colleges heraus, Zustände auslösen, die der Schizophrenie ähnlich sind.

Schlafmangel schwächt das Immunsystem

Nicht nur der Geist wird durch den Mangel an Erholung geschwächt, auch das Immunsystem. Zu wenig Schlaf öffnet Tür und Pforte für Krankheitserreger. Bereits nach 24 Stunden Wachzustand arbeitet die Immunabwehr nicht mehr so effektiv wie im fitten Zustand und wehrt Krankheitserreger schlechter ab, da die zuständigen Zellen in einer Art Energiesparmodus arbeiten. Auch das Immungedächtnis funktioniert weniger zuverlässig. Der Körper kann sich Krankheitserreger schlechter einprägen, erkennt diese bei "Wiederkontakt" möglicherweise nicht und reagiert entsprechend schlechter. 

Wie viel Schlaf ein Mensch braucht, lässt sich nicht pauschal sagen. Ein "allgemein gültiges normales Schlafmaß" gibt es laut Max-Planck-Institut nicht. Manche sind nach fünf Stunden Schlaf erholter als andere nach zehn. Im Schnitt schlafen Erwachsene aber sieben bis acht Stunden jede Nacht. Optimal lang schlafe, wer "tagsüber, auch bei längerer Tätigkeit im Sitzen, konzentriert einer Tätigkeit nachgehen können, ohne schläfrig zu werden". Schon geringe Veränderungen des Schlafrhythmus', also etwa eine Stunde weniger als gewöhnlich über mehrere Tage, führe zu Übermüdung und Abgeschlagenheit. 

Übrigens: Auch Rekordhalter Randy Gardner litt einst mit zunehmendem Schlafmangel an immer gravierenden Ausfallerscheinungen – von Gedächtnislücken über Stimmungsschwankungen bis zur beinahe kompletten Handlungsunfähigkeit.

Quellen: Quarks, Spektrum der Wissenschaft, Studie NIH, Journal of Neuroscience, Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Spektrum, TED-Talk

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