Palästinensischen Medienberichten zufolge sind Israels Streitkräfte in der Nacht zum heutigen Dienstag an den Grenzübergang Kerem Schalom vorgerückt. Der Fernsehsender der islamistischen Terrororganisation Hamas berichtete, dass israelische Panzer den Übergang zum Gazastreifen aus einer Entfernung von 200 Metern beschießen. Der Übergang ist etwa drei Kilometer von der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen entfernt. Die Nachrichtenagentur AP meldete unter Berufung auf einen ägyptischen Beamten, dass israelische Panzer in Rafah im Einsatz seien. Demnach sei der Umfang der Operation begrenzt: Israelische Beamte hätten die Ägypter darüber informiert, dass die Truppen nach Abschluss einer gezielten Operation abziehen würden.

Laut dem israelischen Journalisten Barak Ravid plant das Militär zudem, binnen weniger Stunden die Kontrolle über die palästinensische Seite des Grenzübergangs Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten zu übernehmen. Der TV-Sender CNN berichtete unter Berufung auf ihm vorliegende Videoaufnahmen von mehreren Explosionen in der Umgebung von Rafah. Nach Angaben eines örtlichen Krankenhauses waren dort in der Nacht fünf Menschen getötet worden. Zudem seien mehrere Menschen nach israelischen Angriffen aufgenommen worden, gab das kuwaitische Krankenhaus bekannt.

Ein israelischer Militärsprecher bestätigte am Montagabend gezielte Angriffe auf Hamas-Ziele im östlichen Teil von Rafah. Auf die palästinensischen Berichte über Angriffe auch mit Panzern gab es von den israelischen Streitkräften keine Reaktion.

Wie ein US-Regierungsvertreter mitteilte, gehen die USA nach jetzigem Stand zwar nicht davon aus, dass es sich bei den Angriffen um den Beginn einer groß angelegten Offensive des israelischen Militärs handelt. An den ernsthaften Bedenken der US-amerikanischen Seite wegen einer solchen Militäroffensive in dem dicht besiedelten Gebiet habe sich aber nichts geändert. Diese Position sei auch klar vertreten worden.

Das Kriegskabinett von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Montagabend einstimmig entschieden, den Militäreinsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens fortzusetzen, um den Druck auf die Hamas zu erhöhen und die israelischen Kriegsziele durchzusetzen. Verteidigungsminister Joaw Galant sagte im Hinblick auf den Militäreinsatz, dieser finde stufenweise statt und könne angehalten werden, wenn die Hamas sich zu einer vernünftigen Verhandlungslösung zum Austausch der Geiseln bereit erkläre. 

Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe erklärt. Nach israelischen Angaben entspricht dieser Vorschlag allerdings nicht den eigenen Forderungen.

Israels Verbündete, darunter auch Deutschland, hatten sich kritisch über die erwartete Bodenoffensive in Rafah geäußert und Israels Regierung davon abzubringen versucht, da sich in der Stadt zahlreiche Flüchtlinge befinden. UN-Generalsekretär António Guterres sagte, eine "Bodeninvasion in Rafah wäre wegen ihrer verheerenden humanitären Folgen und ihrer destabilisierenden Auswirkungen" auf die Region untragbar.  

Israel hatte am Montag etwa 100.000 Palästinenser aufgefordert, Rafah aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Die betroffenen Bewohner sollten sich in das Gebiet Al-Mawasi nahe der Küste begeben.

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