In der georgischen Hauptstadt Tbilissi ist Bidsina Iwanischwili dieser Tage nicht gern gesehen. Der Milliardär und informelle Herrscher Georgiens lebt zurückgezogen in seiner futuristischen Villa aus Glas und Stahl, hineingebaut in einen Hügel über der georgischen Hauptstadt. Die wütenden Rufe der Protestierenden, die seit Wochen jeden Abend gegen ihn und seine Regierungspartei auf die Straße gehen, dürften dort dennoch gut zu hören sein. Seine Villa ist nur etwa einen Kilometer entfernt vom Parlamentsgebäude, dem Mittelpunkt der Proteste. In der Nacht auf Donnerstag hat die Polizei die Demonstranten dort mit Wasser, Pfefferspray und Gummigeschossen gewaltsam auseinandergetrieben. Wohl Zehntausende waren bei der bislang größten Protestaktion unterwegs.

Vor zwölf Jahren gewann die von ihm gegründete Partei Georgischer Traum (GT) die Parlamentswahlen und führte Georgien Richtung Europa. Zumindest formal. Seine Gegner auf den Straßen in Tbilissi beschimpfen ihn heute dagegen als Verräter und Putin-Marionette. Denn bereits zum zweiten Mal hat GT auf Geheiß von Iwanischwili ein Gesetz auf den Weg gebracht, das NGOs und unabhängige Medien zwingen soll, sich als sogenannte "Vertreter von Interessen ausländischer Kräfte" zu registrieren. Es greift, sobald ein Fünftel der Ausgaben durch internationale Geldgeber bestritten wird. 

Das Problem: Das betrifft fast alle zivilgesellschaftlichen Organisationen im Land. Kleinste Verstöße sollen mit hohen Strafen von bis zu 8.000 Euro geahndet werden. All das erinnert an die repressive Gesetzgebung im Nachbarland Russland, wo das Putin-Regime auf ähnliche Art und Weise die Zivilgesellschaft vernichtet hat.

Selbst Experten fällt es schwer zu erklären, was genau Iwanischwili antreibt, stur an seiner heftig umstrittenen Idee festzuhalten. Seit Dezember ist Georgien EU-Beitrittskandidat. Damit hat Iwanischwili ein altes Wahlversprechen von 2014 eingelöst. Außerdem führt in allen Umfragen zu den anstehenden Parlamentswahlen im Oktober der GT, in dem Iwanischwili als Ehrenvorsitzender weiterhin den Ton angibt. Er kann als Strippenzieher im Hintergrund persönlich bestimmen, wer Regierungschef wird und wer den Parteivorsitz übernimmt. Es gäbe also aus seiner Sicht keine innenpolitische Notwendigkeit für ein solches Gesetz, sagt etwa Stephan Malerius von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Tbilissi. Seine Erklärung: Iwanischwili muss Anweisungen aus Moskau bekommen haben. Putin wolle den EU-Beitritt Georgiens sabotieren. Kein abwegiger Verdacht, schließlich ist der frühere Geschäftsmann im Russland der Neunzigerjahre reich geworden und pflegt noch immer gute Kontakte zu russischen Milliardären.

Iwanischwili kritisiert "globale Kriegspartei"

Vor wenigen Tagen sorgte Iwanischwili endlich selbst für Klarheit. Am vergangenen Montag ließ der Milliardär eine Unterstützer-Demo organisieren. Es war als eine Art politischer Gegenschlag gegen die protestierenden Hauptstädter geplant. Und sein Auftritt dürfte selbst die Kritiker schockiert haben.

In einer Rede, die an Putins antiwestliche Tiraden erinnert, zeichnete der 66-jährige das Bild eines Landes, dessen Unabhängigkeit, ja kulturelle Identität, durch fremden Einfluss bedroht sei. Er sprach von einer angeblichen "globalen Partei des Krieges", die Georgien nicht nur in einen neuen Konflikt mit Russland treiben wolle, sondern auch die Ukraine als Kanonenfutter missbrauche. Gemeint war damit zweifelsfrei der Westen. Die NGOs, gegen die er nun kämpfen wolle, seien nichts als Vertreter dieser angeblichen Kriegspartei. Eben diese Kräfte hätten bereits zweimal eine Revolution gegen ihn versucht, raunte der Unternehmer in Anspielung auf frühere Protestwellen. Und sie würden es wieder versuchen bei der kommenden Wahl. "Der Moment für die Gesetzesinitiative ist deshalb perfekt", rief Iwanischwili. Die vom Ausland abhängigen Kräfte seien gezwungen, jetzt bei Protesten jene Energie zu verschwenden, die sie eigentlich gegen ihn bei den Wahlen aufbringen wollten.

Der Opposition im Namen der zweitgrößten Partei Nationale Einheitsbewegung, der auch der inhaftierte Ex-Präsident Micheil Saakaschwili angehört, drohte Iwanischwili offen mit Repressionen nach der Wahl im Herbst. Seine antidemokratischen Einlassungen schloss Iwanischwili mit dem irritierenden Versprechen, Georgien 2030 in die EU zu führen. Dabei hatte das Europäische Parlament in einer Resolution kurz zuvor gefordert, die Beitrittsverhandlungen zu stoppen, sollte Iwanischwilis Gesetz durchkommen.