Was hatte er erwartet? Diese rhetorische Frage beschreibt nicht nur die Fehlkalkulation des schottischen First Minister Humza Yousaf während seiner letzten Tage als schottischer First Minister. Sie steht auch gut als Fazit unter der nur gut einjährigen Regierungszeit des Chefs der Schottischen Nationalpartei (SNP). Sie endete am Mittag mit seinem Rücktritt. 

Die taktische Fehleinschätzung des 39-Jährigen war, dass er keine Mehrheit im Parlament in Edinburgh brauche, um weiterzuregieren. Seine strategische Fehlkalkulation war zu glauben, dass die Mehrheit im Land seinem politischen Kurs zustimmen würde. Die Frage ist nun, ob die SNP nach dem jüngsten Ruck ins Linksautoritäre unter Yousaf und seiner Vorgängerin Nicola Sturgeon eine Kursänderung vollzieht. 

Was war passiert? Yousaf hatte am Mittwoch die Regierungsvereinbarung mit den schottischen Grünen aufgekündigt. Das Ziel, die CO₂-Emissionen von Schottland bis zum Jahr 2030 um 75 Prozent zum Vergleichsjahr 1990 zu senken, sei nicht zu erreichen, und die Grünen seien zu keinen Kompromissen bereit, war die Begründung. Yousaf hatte gehofft, im Regionalparlament künftig auch ohne Koalitionsmehrheit eine "weniger formale" Politik mit den Grünen betreiben zu können. "Ein Parlament aus Minderheiten muss kein, ja sollte kein Parlament aus Feinden sein", hatte er am Freitag noch an alle Parteien appelliert. 

Aus Feinden besteht es vielleicht nicht, aber ganz sicher aus Parteien, die andere Vorstellungen haben von einer erfolgreichen Politik als Humza Yousaf. Die Grünen zeigten sich über Trennung tief empört und schworen eher Rache als Kooperation. Und statt sich auf eine Tolerierung einzulassen, schickte die Alba Party, eine Abspaltung der SNP, eine Reihe von Forderungen, die Yousaf für eine Unterstützung durch ihre Seite erfüllen müsse.

Selbst zum Absturz beigetragen

Der Chef der Alba, Alex Salmond, zählte dazu unter anderem eine Abkehr von der – wie er es nannte – Identitätspolitik und eine Hinwendung zu Themen, die Priorität bei den Menschen hätten, wie "Gesundheit, Wohnungsbau, Bildung und Jobs". Dieses Angebot sei für ihn nicht infrage gekommen, sagte Yousaf in seiner Rücktrittsrede. Er sei nicht bereit, mit "meinen Werten und Prinzipien" Handel zu treiben, nur um an der Macht zu bleiben. 

Nun ja. Es dürfte erstens vielleicht eher die Aussicht gewesen sein, in einem Misstrauensvotum gestürzt zu werden, die Yousaf zum Rückzug bewegte. Die Labourpartei wie die Konservativen hatten genau dies noch für diese Woche angekündigt. Und zweitens waren es offenkundig Yousafs Werte und Prinzipien selbst, die während des vergangenen Jahres zu einem Absturz der SNP in der Wählergunst beigetragen haben.

Während Yousafs Vorgängerin Nicola Sturgeon im Februar 2021 mit einer fast absoluten Mehrheit ins Amt starten konnte, sackte die SNP während ihres Korruptionsskandals weiter ab. Unter Yousaf fiel die SNP dann auf Platz zwei der beliebtesten Parteien, hinter Labour. Dass Labour derzeit überall in Großbritannien in den Umfragen weit vorn liegt, erklärt sich vor allem damit, dass die meisten Britinnen und Briten nach 14 Jahren erratischer Tory-Regierungen alles wollen, nur nicht mehr diese konservative Partei.