Propalästinensische Studierende der renommierten Columbia University in New York haben ein Gebäude auf dem Universitätscampus besetzt. Das berichtete unter anderem die New York Times. Auf dem Kurznachrichtendienst X sind zahlreiche Videos von Studierenden zu sehen, die mit Menschenketten und Sitzblockaden ein großes Haus blockieren. US-Medien zufolge soll es sich um die Hamilton Hall handeln, ein neoklassisches Gebäude auf dem Campus in Manhattan.

Den Berichten zufolge verließen die Demonstranten ihr Protestcamp kurz nach Mitternacht (Ortszeit) in der Nacht auf Dienstag. Im Anschluss zogen sie gemeinsam zur Hamilton Hall und besetzten das Gebäude. Videos zeigen, wie Fenster eingeschlagen und Türen mit Fahrradschlössern verriegelt werden.

Zuvor waren Verhandlungen zwischen den Demonstranten und der Universitätsleitung erfolglos geblieben. Die Studierenden ließen eine bis Montagnachmittag gesetzte Frist zur Räumung ihres Protestcamps verstreichen. Daraufhin ging die Hochschule gegen die Studierenden vor. Es sei damit begonnen worden, Studenten zu suspendieren, hatte ein Universitätsvertreter am Montag mitgeteilt. Dies sei Teil der nächsten Phase, um die Sicherheit auf dem Campus zu gewährleisten.

Universitätspräsidentin Minouche Shafik hatte am Montag mitgeteilt, die tagelangen Verhandlungen zwischen beiden Seiten seien ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Sie appellierte an die Demonstranten, ihr Camp "freiwillig" zu räumen – dem kamen die Protestierenden jedoch vorerst nicht nach. Die ihnen gesetzte Frist verstrich, ohne dass es Anzeichen für eine Auflösung des Camps mit 200 Menschen gab.

In einer nach Ablauf der Frist von einem Studenten verlesenen Erklärung war die Rede von Angstmacherei. Die Protestteilnehmer würden nicht gehen, bis die Universität ihren Forderungen nachkomme oder sie gewaltsam weggebracht würden.

Forderung nach Investmentstopp

Die Universitätsleitung hatte seit Mittwoch mit den Demonstranten verhandelt. Ein zentrales Streitthema war die Forderung der Protestierenden, dass die Columbia University sich von Unternehmen mit Verbindungen zu Israel trennen müsse.

In ihrer Erklärung am Montag machte Shafik deutlich, dass die Universität nicht die Absicht habe, "Investitionen aus Israel abzuziehen". In den Gesprächen habe die Hochschulleitung jedoch angeboten, die Transparenz über die von der Universität getätigten Investitionen zu erhöhen und Vorschläge der Studierenden für "sozial verantwortungsvolles Investieren" beschleunigt zu prüfen.

Shafik beklagte jedoch, dass viele der jüdischen Studierenden die in den vergangenen Wochen an der Columbia University herrschende Atmosphäre "unerträglich" gefunden und deshalb die Universität verlassen hätten. "Antisemitische Sprache und Handlungen sind inakzeptabel und Aufrufe zur Gewalt sind einfach abscheulich", erklärte die Universitätspräsidentin.

Proteste im ganzen Land

Mitte April hatte die Hochschule die Polizei auf den Campus gerufen, um gegen die Proteste vorzugehen. Dabei wurden mehr als 100 Menschen festgenommen. Die propalästinensischen Proteste weiteten sich daraufhin auf andere Hochschulen im ganzen Land aus.

Am vergangenen Wochenende löste die Polizei Protestcamps an mehreren US-Hochschulen auf, teils unter Einsatz von chemischen Reizstoffen und Tasern. Rund 275 Protestierende wurden festgenommen, darunter allein 100 an der Northeastern University in Boston.

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden rief die Protestierenden zum Gewaltverzicht auf. "Wir respektieren natürlich das Recht auf friedliche Proteste", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Sonntag im Sender ABC News. Die Regierung verurteile allerdings antisemitische Äußerungen "sowie die kursierende Hassrede und die Androhung von Gewalt".

Fragen zu Antisemitismus

Die Organisatoren der Proteste weisen den Vorwurf des Antisemitismus zurück. Sie betonen, dass die Proteste sich gegen die israelische Kriegsführung im Gazastreifen richteten.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas verübten Großangriff auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1.170 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Israel geht seither militärisch in dem Palästinensergebiet vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 34.480 Menschen getötet.