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Neue Ausgabe stern-Chefredakteur über Spionage: "Alle, die sich auskennen, schlagen Alarm"

Spionage-Titel der stern-Ausgabe 19_24
Experten warnen: Die Spionagegefahr wächst durch neue Methoden stetig
© stern
Spionage gibt es nicht nur in Büchern und Filmen. Sie ist eine reale und wachsende Bedrohung. 

Ich gebe zu, ich bin ein großer Spionage-Romantiker. Die Bücher von John Le Carré stehen arg zerlesen in meinem Regal. Als voriges Jahr ein Dokumentarfilm über sein Leben erschien, konnte ich vor Aufregung kaum schlafen, zu viele Historienbilder im Kopf. Nur: Spionage ist keineswegs eine auserzählte Geschichte aus den Archiven. Die Schlapphüte von heute leben mitten unter uns, auch wenn sie anders arbeiten. Alle, die sich auskennen, schlagen inzwischen Alarm. Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang sagt dem stern: "Fremde Mächte versuchen immer ausgefeilter und vielgestaltiger, sowohl durch menschliche Quellen als auch durch Cyberangriffe Deutschland zu schaden."

Seit Jahren würden autoritäre Staaten wie Russland und China zunehmend Aufwand betreiben, um Einfluss zu nehmen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnt: "Sie wollen unsere demokratischen Gesellschaften destabilisieren, von innen heraus angreifen."

Der AfD-Europapolitiker Maximilian Krah, dessen Mitarbeiter wegen des Verdachts der Spionage für China verhaftet wurde, wird von seiner Partei gerade abgeschirmt. Mein RTL-Kollege Tom Kollmar konnte dennoch ein Interview mit ihm führen. Darin zeigt sich Krah zwar "schockiert" über die Vorwürfe, sagt aber auch, dass er "immer noch schwanke", ob er das alles komplett glaube. Und er inszeniert sich, ganz in AfD-Manier, zugleich als Opfer: "Die Sicherheitsbehörden haben offensichtlich Kenntnisse gehabt, haben mich nicht informiert und lassen die Bombe kurz vor dem Wahltermin platzen."

Kim Kardashian und Kant

Die vergangene Woche war eine gute Woche für Joe Biden. Das lag nicht daran, dass er jünger wirkte, feuriger oder dass sein Rivale Donald Trump in einem Gerichtssaal in New York sitzen muss. Nein, die beste Nachricht für Joe Biden war, dass Kim Kardashian im Weißen Haus erschien – und ihn damit indirekt unterstützte. Die Frau hat 363 Millionen Follower auf Instagram. Ihr Vermögen beträgt 1,7 Milliarden Dollar, ihr Leben wirkt wie ein Hashtag: #worldsmosttalkedaboutwoman. Die Frau, über die die Welt spricht. Bald kommt Kardashian nach Hamburg, zur Marketing-Großkonferenz OMR, sie wird dort die Herzen und Handys vermutlich zum Glühen bringen. Darf man über sie einen großen Text schreiben, im Jubiläumsjahr von Immanuel Kant? Unser Autor Nicolas Büchse hat die Frage mit Ja beantwortet, denn Kardashian habe Kant schlicht neu interpretiert: Habe den Mut, dich deines eigenen Smartphones zu bedienen.

Mut gemacht hat vielen Frauen, dass der #MeToo-Ursünder Harvey Weinstein, einst ein allmächtiger Filmproduzent, in den Knast gewandert ist. Nun wurde ein Urteil gegen ihn aus formalen Gründen aufgehoben. Sollte frau den Mut verlieren, weil #MeToo-Fälle vielleicht in der Öffentlichkeit zu gewinnen sind, juristisch anscheinend aber kaum? Unsere Kolumnistin Jagoda Marinić will das nicht akzeptieren. Sie ist empört, weil es eben die Aussagen der Frauen sind, die nun als Verfahrensfehler bezeichnet würden, und sie vielleicht erneut durch die Hölle der Aussage gehen müssten. Marinić schreibt aber auch: "Weinstein war der Anfang von #MeToo in der Rechtsprechung. Die Frauen werden nicht zulassen, dass seine Anwälte diesen Erfolg zunichtemachen."

Erschienen in stern 19/2024

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