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Antisemitismus in den USA Von der Columbia nach Harvard und Yale: Anti-Israel-Proteste erschüttern Elite-Unis

Protest gegen Israel an der Columbia University in New York
An der Columbia University gibt es seit Tagen Proteste gegen Israels Militäreinsatz im Gazastreifen
© Seth Harrison / Imago Images
Anti-Israel-Proteste an der Columbia University haben sogar US-Präsident Biden zu einer Reaktion genötigt. Inzwischen ist die Lehre an der Universität eingeschränkt. Der Protest greift auch auf andere Universitäten über.

Angesichts der wachsenden Spannungen durch den Krieg zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas hat die renommierte New Yorker Columbia University die Lehre am Montag auf den Onlinebetrieb umgestellt. In den vergangenen Tagen habe es zu viele Beispiele für "einschüchterndes und belästigendes Verhalten auf unserem Campus gegeben", schrieb Universitätspräsidentin Nemat Shafik in einem offenen Brief.

"Antisemitische Äußerungen, wie auch andere Äußerungen, mit denen Menschen verletzt und verängstigt werden sollen, sind inakzeptabel und und es werden entsprechende Maßnahmen ergriffen", fuhr sie fort. Zur Deeskalation und "um uns allen die Möglichkeit zu geben, über die nächsten Schritte nachzudenken, gebe ich bekannt, dass alle Kurse am Montag virtuell stattfinden werden".

Biden verurteilt "unverhohlenen Antisemitismus"

Auch US-Präsident Joe Biden bezog Stellung zu den Ereignissen, nannte die Columbia University aber nicht beim Namen. "Selbst in den vergangenen Tagen haben wir Schikanen und Aufrufe zur Gewalt gegen Juden erlebt", hieß es in einer Mitteilung. "Dieser unverhohlene Antisemitismus ist verwerflich und gefährlich - und er hat auf dem Campus oder irgendwo in unserem Land absolut keinen Platz." Gegen Antisemitismus müsse man seine Stimme erheben, so Biden. "Schweigen ist Mittäterschaft."

Ein Rabbi hatte seine jüdischen Studierenden an der Columbia University bereits gewarnt. Wie mehrere US-Medien am Sonntagmittag (Ortszeit) übereinstimmend berichteten, schrieb Rabbi Elie Buechler: "Es schmerzt mich zutiefst, Ihnen sagen zu müssen, dass ich Ihnen dringend empfehle, so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren und dort zu bleiben, bis sich die Lage auf dem Campus und in der Umgebung dramatisch verbessert hat."

Protest an Columbia University in New York

In der Nacht auf Sonntag war es bei Demonstration zu heftigen antisemitischen Äußerungen gekommen, wie zahlreiche Videos auf der Plattform X (vormals Twitter) zeigen. In einem ist zu hören, wie Teilnehmer rufen: "We say justice, you say how? Burn Tel Aviv to the ground" (deutsch: "Wir sagen Gerechtigkeit, ihr sagt wie? Brennt Tel Aviv bis auf den Grund nieder"). In einer anderen Aufnahme werden die jüdischen Studierenden aufgefordert, zurück nach Polen zu gehen. Aus Sicht des Rabbis haben die Ereignisse deutlich gemacht, dass weder die Universität noch die Polizei für die Sicherheit jüdischer Studierender garantieren könnten. 

Bereits am Donnerstag hatte die Polizei ein propalästinensisches Zeltlager auf dem Campus geräumt und gut 100 Teilnehmer festgenommen. Diese hatten sich trotz mehrfacher Aufforderung geweigert, das Lager aufzulösen, wie ein Polizeisprecher bei einer Pressekonferenz sagte. Berichten zufolge war unter den Festgenommenen auch die Tochter der prominenten demokratischen Abgeordneten Ilhan Omar.

Uni-Leitung bat Polizei um Hilfe

Columbia-Präsidentin Nemat "Minouche" Shafik hatte die Polizei selbst um Hilfe gebeten. "Ich habe diesen außergewöhnlichen Schritt unternommen, weil dies außergewöhnliche Umstände sind", schrieb sie in einer Mitteilung. "Die Personen, die das Lager errichtet haben, haben gegen eine lange Liste von Regeln und Richtlinien verstoßen." Laut Berichten hat sich die Lage seitdem verschlimmert.

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Unterdessen weiteten sich die Proteste auf andere Universitäten aus. Am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT), an der University of Michigan und an der Elite-Universität Yale kam es zu Demonstrationen. Dabei wurden in Yale am Montag mindestens 47 Teilnehmer festgenommen, nachdem sie Aufforderungen, sich zu entfernen, nicht nachgekommen waren. "Die Universität hat die Entscheidung getroffen, die Personen, die den Platz nicht verlassen wollten, mit Rücksicht auf die Sicherheit der gesamten Yale-Gemeinschaft festzunehmen", erklärte die Universität.

Havard verbietet Studentengruppe Tätigkeit

In Harvard untersagten Universitätsvertreter am Montag dem pro-palästinensischen Solidaritätskomitee die weitere Tätigkeit, wie die Studentengruppe im Onlinedienst Instagram mitteilte. Sie seien angewiesen worden, "alle organisatorischen Aktivitäten" für den Rest des Semesters einzustellen, andernfalls riskierten sie einen dauerhaften Ausschluss, berichtete die Studentenzeitung "Harvard Crimson".

Seit dem beispiellosen Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober und dem dadurch ausgelösten Krieg im Gazastreifen zeigt sich an US-Eliteuniversitäten eine tiefe Spaltung. Studenten, Professoren und die Verwaltung liefern sich untereinander erbitterte Auseinandersetzungen, die sich auch auf Onlinenetzwerke ausgeweitet haben. Dabei geht es um Vorwürfe des Antisemitismus, der Islamophobie und der Bedrohung der Meinungsfreiheit.

Vorgehen Israels mit Folgen in den USA

Die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte am 7. Oktober einen beispiellosen Großangriff auf Israel verübt und dabei nach israelischen Angaben 1170 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher 34.183 Menschen getötet. Das harte Vorgehen Israels und die humanitäre Notlage in dem Palästinensergebiet stoßen international vermehrt auf Kritik.

tkr AFP DPA

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