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Abgeordnete aus Georgia Trumps rechter Schreihals – das laute Meutern der Marjorie Taylor Greene

Republikanerin Marjorie Taylor Green ruft während Joe Bidens Rede zur Lage der Nation rein
Die Rechtsaußen-Republikanerin Marjorie Taylor Greene ist vor allem eines: laut. Wie hier während US-Präsident Joe Bidens Rede zur Lage der Nation im März
© Cnp / CNP via ZUMA Press Wire / Action Press
Marjorie Taylor Greene ist eine Frau der Extreme: extrem rechts, extrem laut, extrem loyal gegenüber "ihrem" Präsidenten Donald Trump. Niemand hetzt so souverän wie sie. Und hetzen, das muss MTG. Ihr neuestes Ziel: Parteikollege Mike Johnson. Wer ist die Frau, die nicht still sein kann?

Es gibt diesen Schlag Mensch, der, wie es so treffend heißt, "die Welt einfach nur brennen sehen will". Marjorie Taylor Greene ist so jemand. In Sachen Rechts-Sein muss für die 49-Jährige noch ein Superlativ gefunden werden. Ihren ultrarechten Parteikollegen ist sie schon lange zu radikal. Die Abgeordnete aus dem schönen Georgia, die wie ihr Messias Donald John Trump auf den dreifaltigen Klang ihrer Initialen hört, ist dieser Tage wieder einmal in voll in ihrem Element. 

Ihr neuestes Ziel: Parteikollege Mike Johnson, Sprecher des US-Repräsentantenhauses. Der Evangelikale hatte es nach monatelangem Hin und Her tatsächlich gewagt, einen Schritt auf die Demokraten zuzugehen, um den Weg für die existenziellen Milliardenhilfen für die Ukraine frei zu machen. Aus Sicht einer kleinen, aber lauten Meute unter Taylor Greenes Führung: Hochverrat. Und das, obwohl Trump Johnson seinen patriarchalen Segen gab: "Ich denke, er ist ein sehr guter Mensch".

Aber MTGs Ruhepuls liegt nun einmal bei 180. Laut-Sein, das ist ihr täglich Brot. Es bleibt dabei: Wenn es nach Taylor Greene geht, teilt Johnson bald das Schicksal seines Vorgängers Kevin McCarthy, dem sein Flirt mit der Realpolitik zum Verhängnis wurde.

Wer ist die Frau, die nicht still sein kann? 

Marjorie Taylor Greene: Spätzünderin und rechter Rockstar

"Niemand sah sie kommen. Nicht einmal Greene sah Greene kommen", so formuliert es das US-Magazin "The Atlantic". MTG ist der Prototyp einer ultrarechten Opportunistin, die auf Trumps rücken die Karriereleiter hochgefallen ist. Dabei ist sie tatsächlich in Sachen Politik eine Spätzünderin.

Politisch aktiv wurde sie eigenen Angaben zufolge erst 2016 – als sie die Rede eines aufstrebenden Entertainers hörte, der das Land wieder "groß" machen wolle. Davor hatte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann im Städtchen Alpharette, Georgia, das Bauunternehmen ihres Vaters geleitet. Anfang der 2010er-Jahre zog sie sich aus der Firma zurück und begann eine Karriere als Crossfit-Trainerin.

2019 holte sie dann bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus im ersten Anlauf den 14. Distrikt in Georgia für die Republikaner – mit freundlicher Unterstützung des zwischenzeitlich ins Weiße Haus umgezogenen Immobilienmoguls. Parteiintern gab es keine Gegner. Zum Jahreswechsel 2020/21 zog sie von der Provinz ins Zentrum der Macht. An ihrem Vorbild hat sich freilich nichts geändert. Stünde MTG Trump noch näher, bräuchte der Stahlkappenschuhe.

Heute zählt die ehemalige Fitnesstrainerin zweifellos zu den eifrigsten Anhängern des mehrfach angeklagten Ex-Präsidenten. Ihr Erfolg war lange auch der Tatsache geschuldet, dass sie im Gegensatz zu ideologisch ähnlich gestrickten Figuren wie den Abgeordneten Lauren Boebert oder Matt Gaetz machtpolitisch deutlich kompetenter schien. Sie wusste, wann sie mit dem Strom schwimmen muss. Bis sie einmal zu scharf rechts abbog. Im Sommer vergangenen Jahres setzte ihre schrecklich rechte Berufsfamilie sie vor die Tür. Trennungsmotto: Es liegt an dir, nicht an uns. Dem ultrarechten Freedom Caucus war die selbstverstandene Trump-Heroldin schlicht zu extrem geworden (der stern berichtete).

Extreme Frau, extreme Ansichten: von der Nationalen Scheidung und Lasern aus dem All

Ob MTG die Grenze des Sagbaren verschoben hat, ist fraglich. Aber zumindest am Lautstärkeregler hat sie gedreht. Die Szene, wie sie im Februar 2023 im blendend weißen Wintermantel US-Präsident Joe Biden mehrfach bei seiner Rede zur Lage der Nation unterbrach, ihn mit süffisantem Grinsen und gesenkten Daumen ausbuhte und als "Lügner" beschimpfte, war ein rechtsextremer Serviervorschlag in Sachen Taktgefühl. Auch bei der Neuauflage ein Jahr später glänzte sie mit Dreistigkeit – diesmal in knallrotem Trump-Outfit samt "Make America Great Again"-Kappe. MTG, das zeigt sich immer wieder, ist dabei mehr Wirkung als Ursache.

Marjorie Taylor Greene buht mit gesenkten Daumen gegen Joe Biden
Pöbeln an der Seitenlinie: Marjorie Taylor Greene bei der Rede zur Lage der Nation von US-Präsident Joe Biden im Februar 2023
© McNamee / Getty Images / AFP

Denn ihr Hang zum Absurden spaltet die Grand Old Party nicht, sondern ist vielmehr ein Symptom dieser Spaltung, die unter Trump erschreckende Ausmaße angenommen hat. Der scheidende Senats-Minderheitsführer Mitch McConnell bezeichnete MTGs Ansichten einst als "Krebsgeschwür" für die Partei. Einige ihrer Überzeugungen sind selbst nach Rechtsaußen-Maßstäben extrem.

Eine kurze Auswahl: Sie behauptete unter anderem, jüdische Bankiers hätten Waldbrände in den USA per Laser aus dem Weltall entfacht, und dass es eine großangelegte Verschwörung gebe, heterosexuelle Menschen gegen homosexuelle Menschen auszutauschen. Sie sprach sich für eine "National Divorce" – eine "Nationale Scheidung" – aus, in Folge derer blaue (demokratische) und rote (republikanische) Staaten ihren eigenen Weg gehen würden (die Hintergründe lesen Sie hier). Die Demokraten bezeichnete sie im bekannten TV-Interviewformtat "60 Minutes" als "Partei der Pädophilen" – schließlich befürworte die Regierung Biden geschlechtsangleichende Operationen – was für sie nichts anderes als die "Sexualisierung von Kindern" sei.

Doch ist die Schwurblerin inzwischen vielleicht "too big to fail", zu beliebt, um sie klammheimlich und parteiintern von der Bühne zu schubsen. Schuld daran ist allerdings nicht nur der Spalter Trump, sondern auch die GOP selbst, deren Urgesteine rechte Schreihälse wie MTG allzu lange belächelt und es ihnen so überhaupt erst ermöglicht hatten, sich in Trumps Windschatten auf der Überholspur zu halten. 

Genau das ist allerdings auch MTGs Schwachstelle: Sie setzt alles auf eine Karte. Gelingt Trump im November das Comeback, dürften Loyalisten wie MTG goldene Zeiten bevorstehen. Und sollte es für ihren Gönner vorher vor Gericht noch gefährlich heiß werden, wird MTG alles daran setzen, um die Flammen auszupusten. Oder, um zur Ablenkung woanders Feuer zu legen. 

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals im April 2023 und wurde entsprechend aktualisiert. 

Weitere Quellen: "New York Times"; "Politico"; "Vox"; "The Hill"; "Roll Call"; "Washington Post"

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