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Finaleinzug des BVB Mats Hummels wird zum Orakel von Paris

Mats Hummels war der spielentscheidende Mann im Champions-League-Rückspiel gegen Paris
Mats Hummels war der spielentscheidende Mann im Champions-League-Rückspiel gegen Paris
© Robert Michael / DPA
"Man of the Match", der Kopfball zum Sieg gegen Paris und hellseherische Fähigkeiten: Dortmunds Verteidiger Mats Hummels schickt mit dem Finaleinzug einen Fingerzeig an den Bundestrainer.  

Falls Mats Hummels noch auf der Suche nach der Bestimmung für die Zeit nach seinem Fußballerdasein sein sollte, wäre das hier der zielführende Hinweis: Fußball-Orakel. Zumindest lässt das, was der Weltmeister von 2014 am Tag vor dem Rückspiel des Champions-League-Halbfinals seines Arbeitgebers Borussia Dortmund in Paris in der obligatorischen Pressekonferenz referierte, nur den Schluss zu, dass der Mann eindeutig über hellseherische Fähigkeiten verfügt.

Hummels sprach über Nico Schlotterbeck, der beim BVB neben ihm in der Innenverteidigung für Ordnung sorgt, und sang dabei das hohe Lied auf den Kollegen: "Ich finde, Schlotti kommt viel zu negativ weg. Er ist ein großartiger Verteidiger und ein richtig guter Typ, der die richtige Einstellung hat und hier ein Anführer geworden ist.” 

Am Ende seiner Eloge mochte sich Hummels einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: "Wenn er jetzt noch seinen Offensiv-Kopfball mit mir trainiert, bin ich mit Nico vollends zufrieden.” Welch prophetische Worte Dortmunds Anführer damit gefunden hatte, offenbarte sich am Abend danach: Die Borussia schaffte auch deshalb den Einzug ins Finale von Wembley, weil Schlotterbeck in einer sich mit großen Leidenschaft wehrenden Dortmunder Mannschaft als überragender Zweikämpfer herausstach. 

Mats Hummels köpft den BVB ins Champions-League-Finale 

Doch darüber hinaus sollte es noch besser kommen: In der 50 Minute demonstrierte Lehrmeister Hummels nach einem Eckball von Julian Brandt der ganzen Welt, wie der Offensivkopfball gesetzt wird, der den Gegner mitten ins Herz trifft. Der 78-fache Nationalspieler entschied damit das Duell gegen das mit vielen hundert Millionen hochgepäppelte Starensemble von Paris Saint-Germain. 

1:0 im Hinspiel in Dortmund und noch einmal 1:0 im Rückspiel – ergo zwei Mal zu null gegen die offensiv so hochkarätig besetzte Ausnahmetruppe um Weltstar Kilian Mbappé. Das ist ein fulminantes Ausrufezeichen, das von einer Mannschaft wie der Borussia, die defensiv so oft so große Lücken angeboten hatte, nicht zu erwarten war. "Wir haben gearbeitet wie die Wahninnigen”, sagte Matchwinner Hummels nach 90 schweißtreibenden Minuten, "einer war für den anderen da.” Tatsächlich war die Einsatzbereitschaft von aufopferungsvoll verteidigenden Dortmundern phänomenal.

Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass der BVB eine gute Portion Fortune benötigte, um sich schadlos zu halten. Paris verzeichnete im Hin- und Rückspiel insgesamt sechs Aluminiumtreffer. Wendungen wie diese werden im Volksmund als das Glück des Tüchtigen bezeichnet. Wie man die Dinge einordnet, wird den Dortmundern herzlich egal sein. 

Edin Terzic steigt zur Dortmunder Ikone auf

Im Duell mit dem Sieger des Duells Real Madrid gegen Bayern München soll nun die letzte Etappe auf dem Weg zum Gipfel gelingen. Die Gefühlslage im Pott formulierte Marco Reus mit der Diktion seiner Region: "Jetzt müssen wir das Ding auch holen, sonst wäre es scheiße.” 

Trainer Edin Terzic erfüllte die Nacht von Paris mit "ganz viel Stolz". Der 41-Jährige erinnerte an die Entwicklung mit der kniffligen Gruppenphase und den K.o.-Spielen, in denen seine Mannschaft sämtlichen Widrigkeiten getrotzt hatte. "Wir sind mit jedem Spiel gewachsen und wussten irgendwann, wir können das schaffen." 

Mit dem Einzug ins Finale von Wembley wird Terzic nun in einem Atemzug genannt mit den Dortmunder Säulenheiligen Ottmar Hitzfeld und Jürgen Klopp, die sich mit der Borussia ebenfalls ins Endspiel der Königsklasse vorarbeiteten. 1997 gelang in München gegen Juventus Turin der große Wurf, 2013 – ebenfalls in London – ging der Showdown im deutsch-deutschen Duell gegen Bayern München verloren.

Dass der BVB am 1. Juni in der englischen Hauptstadt auflaufen darf, hat er auch dem Tandem zu verdanken, das in der Innenverteidigung mit Lust, Hingabe und ganz viel Widerstandskraft aufräumte. Hummels und Schlotterbeck waren stilgebend für die unbeugsamen Männer in gelb, die sich über insgesamt 180 Minuten schlichtweg weigerten, der gegnerischen Wucht nachzugeben. 

Hummels' Leistung ist ein Fingerzeig an Nagelsmann

Dabei hat Hummels, so der offensichtliche Eindruck, für Schlotterbeck eine Art Mentorenrolle übernommen. Die beiden Profis trennt elf Jahre, die Zukunft gehört also dem Juniorpartner: "So weit lehne ich mich aus dem Fenster”, sagt Hummels, "an ihm wird Fußball-Deutschland in den nächsten Jahren noch viel Spaß haben.” 

Wenn man das künftige Fußball-Orakel befragen würde, wäre die Botschaft klar: Julian Nagelsmann wäre gut beraten, in sich zu gehen und in diesem Sommer beide Dortmunder Manndecker mit zur EM zu nehmen. Eine Selbstverständlichkeit ist das trotz der Galavorstellungen gegen Paris nicht. Zuletzt hatte das Duo beim Bundestrainer keine Berücksichtigung gefunden. "Aber wenn am Ende nur Nico nominiert wird, freue ich mich darüber fast genauso, als wenn ich mitdarf”, sagt Hummels, "weil es eine Bestätigung dafür wäre, was wir hier machen.” 

Bis die kontinentalen Titelkämpfe in deutschen Arenen angepfiffen werden, gehen ja noch ein paar Wochen ins Land, in denen noch viel passieren wird. Auf dem Weg zum Großereignis haben die Dortmunder noch fundamentale Dinge in eigener Mission zu erledigen. Hummels, der wie schon im Hinspiel zum "Man of the Match” gekürt wurde, bekam nach dem Triumph von Paris von seinem Trainer Edin Terzic noch einen letzten Auftrag: "Mats, einmal musst Du es noch machen.” 

Tatsächlich fehlen in der reichhaltigen Titelsammlung des Verteidigers noch die Champions League und die Europameisterschaft. Im Herbst einer großen Karriere ist beides machbar. Hummels hätte nichts dagegen: „Es ist ein guter Zeitpunkt, um noch ein bisschen aufzustocken.” 

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