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Eurovision in Malmö Hochsicherheits-ESC: Europas größte Musikparty wird vom Gaza-Krieg überschattet

Polizisten patrouillieren vor der Eröffnungsfeier des 68. Eurovision Song Contest (ESC)
Polizisten patrouillieren vor der Eröffnungsfeier des 68. Eurovision Song Contest (ESC) in der Malmö Live Congress and Concert Hall
© Jessica Gow/TT News Agency/AP / DPA
Am 11. Mai findet das Finale des Eurovision Song Contest in Malmö statt. Der ESC-Wettbewerb ist politisch aufgeladen wie nie: Die schwedische Polizei rechnet mit Protesten gegen Israel, die Bedrohungslage ist hoch. Wie der ESC gesichert wird.

Politisch sein wollte der Eurovision Song Contest eigentlich nie. Er will die große Show mit schrillen Kostümen sein, die bunte Party mit Songs von der Ballade bis Schrullen-Techno. Ein paneuropäisches Rambazamba der Musik. 

Die Absicht ehrt, doch in Wahrheit war der ESC nie wirklich unpolitisch. Da war das Punktegeschacher zwischen sich wohlgesonnenen Ländern, Patriotismus und Nationalismus, trotz europäischer Idee – und Songs, die dann doch als Protestlieder zu verstehen waren. Sei es gegen die Annexion der Krim oder den Falklandkrieg. Und in diesem Jahr ist der 68. ESC in Malmö politisch aufgeladener denn je. Der Krieg im Gazastreifen legt sich wie ein dunkler Schatten über den Wettbewerb.

Viele mögliche Bedrohungen beim ESC

Schon vor Monaten gab es Forderungen, Israel aufgrund seiner Militäraktion im Gazastreifen vom ESC auszuschließen. Kritiker bezeichneten den Wettbewerb sogar als "Genocide Song Contest". Der Chef der Europäischen Rundfunkunion (EBU), der Israel angehört und somit teilnehmen darf, lehnte dies jedoch ab und betonte den unpolitischen Charakter des ESC.

Trotzdem ist die Sache nicht vom Tisch. Veranstalter und Sicherheitskräfte befürchten pro-palästinensische Proteste, schlimmstenfalls Anschläge. Bereits im August 2023 wurde die Terrorwarnstufe in Schweden erhöht. 

Die schwedische Polizei hatte im Vorfeld des ESC ein Lagebild erstellt, dem Rundfunk SVT liegt das 23-seitige Dokument vor. Der Bericht behandelt Cyberattacken, zivilen Ungehorsam, die Kaperung von Sendezeit und Überlastungsangriffe. Und warnt auch vor möglichen Bedrohungen durch islamistische Terrororganisationen.

Drohnen, Kameras und schwer bewaffnete Polizei in Malmö

Polizei und Veranstalter rechnen laut SVT am Donnerstag und Samstag mit bis zu 40.000 Demonstranten, die gegen Israel, dessen Krieg gegen die Hamas und die Teilnahme am ESC protestieren wollen. Die Behörden gehen sogar davon aus, dass es die beiden bisher größten Demonstrationen in Malmö seit dem Terrorangriff der Hamas sein könnten. 

Um die Sicherheit beim 68. ESC zu gewährleisten, zu dem rund 100.000 Fans erwartet werden, wurden die Vorkehrungen deutlich erhöht. Es wird mit einem der größten Polizeieinsätze in der Geschichte Schwedens gerechnet. Auch Beamte aus Dänemark und Norwegen sind im Einsatz.

So wird die Polizei vom 4. bis zum 11. Mai die Stadt großflächig mit Kameras und Drohnen überwachen. Zudem wurde ein vorübergehendes Flugverbot über weiten Teilen Malmös während des ESC verhängt. In den Veranstaltungsorten gelten Taschenverbote. Die Polizei ist teilweise mit Maschinenpistolen ausgerüstet, schreibt die Zeitung "Dagens Nyheter".

Trotzdem betonen die Sicherheitsbehörden, dass der ESC eine öffentliche Veranstaltung bleiben soll und "die Menschen sich sicher fühlen können", so Per Engström, der nationale Kommandeur des Polizeieinsatzes.

Malmö ist nervös

In Malmö ist die Atmosphäre jedoch von Anspannung, Nervosität und Angst geprägt. Das gilt insbesondere für die israelische ESC-Hoffnung Eden Golan. Medienberichten zufolge wurden die 20-Jährige und ihr Team vom israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Bet angewiesen, während ihres Aufenthalts in Schweden ihr Hotelzimmer nur für offizielle Veranstaltungen und Sendungen zu verlassen.

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Mehrere Künstlerinnen und Künstler, die bei Nebenveranstaltungen des Song Contests auftreten sollten, haben laut "Dagens Nyheter" abgesagt. Sie seien in den sozialen Medien unter Druck gesetzt worden. Die EBU hat außerdem verboten, dass während des Wettbewerbs in der Arena in Malmö Palästina-Flaggen sowie politische Botschaften oder Symbole gezeigt werden.

Auch die Bewohner Malmös sind besorgt, wie die Zeitung "Aftonbladet" berichtet. "Ich werde wahrscheinlich nicht draußen sein. Falls während der Demonstrationen etwas passiert", sagte ein Malmöer. Die Stadt hat dem SVT zufolge ihren Krisen- und Interventionsdienst aktiviert, der psychologische Erste Hilfe leisten soll.

Der schwedische ESC-Verantwortliche in Malmö, Martin Österdahl, glaubt aber nicht, dass die Proteste die Stimmung trüben werden, wie er der Nachrichtenagentur TT sagte: "Kommt nach Malmö, würde ich sagen. Denn das ist nicht das Gefühl, das man hier hat." Man hoffe, sich auf das Positive konzentrieren zu können. "Wenn wir alles für eine Weile beiseite schieben und uns über Grenzen hinweg in unserer Kunst und Musik vereinen können, gibt es noch Hoffnung für die Zukunft."

Quellen: Polizei Schweden, Stadt Malmö, SVT, "Aftonbladet", "Dagens Nyheter", "Times of Israel", Deutsche Welle, "Express"

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