Für einen leisen Mann meldet sich Lionel Messi dieser Tage oft zu Wort. Wenn er mit den Füßen spricht, dann in gewohnter Manier. Vier Tore schoss er am Wochenende gegen Eibar (5:0), es waren seine Saisontore 15 bis 18. In diesem Spiel feierte zudem seine tausendste Torbeteiligung im Trikot des FC Barcelona. Das Camp Nou huldigte ihm wie immer mit "Messi, Messi"-Rufen.

Aber es gibt auch einen anderen Messi. Den Kapitän, der sich immer öfter in die Vereinspolitik einschaltet. Der zornig sein kann und dessen Sätze schärfer daherkommen als seine Schüsse. Die Adressaten treffen sie wie ein Bannstrahl, es gibt wohl keinen Fußballspieler auf der Welt, dessen Meinung in seinem Klub mehr zählt. Messi ist so mächtig, dass er sich eine Auseinandersetzung mit Barcelonas formal ranghöchstem Mann leisten kann, dem Präsidenten Josep Maria Bartomeu.

Das gibt es nur beim FC Barcelona, dem seit jeher "selbstzerstörerische Kräfte" nachgesagt werden, wie die Zeitung El País schrieb. Die Historie des katalanischen Vereins ist reich an internen Machtkämpfen. Schon Johan Cruyffs Ära als Trainer endete aufgrund ständiger Meinungsverschiedenheiten mit dem Präsidenten Josep Lluís Núñez. Joan Laporta, der Barcelona nach der Jahrtausendwende wiedererweckt hatte, wurde von einstigen Vertrauten gestürzt. Barcelonas Präsidium bleibt ein Hort der Eitelkeiten und Machtspiele.  

Nun also Bartomeu und Messi. Auf wessen Seite die Mehrzahl der Anhängerinnen und Mitglieder steht, machten sie am Wochenende deutlich. Während Messi gefeiert wurde, hallten Forderungen nach Bartomeus Rücktritt durchs Stadion.

Ende der Woche trifft sich das Präsidium des FC Barcelona zu einer Sondersitzung. Dort soll entschieden werden, ob die für 2021 geplanten Präsidentschaftswahlen vorgezogen werden. Bartomeu ist dagegen, er will seine Amtszeit erfüllen, ab 2021 jedoch nicht mehr kandidieren.


Streitsache Neymar

Nach außen gibt sich Messi unbeeindruckt. Im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League tritt er am Dienstag mit Barça beim SSC Neapel an. Der Klub sehnt sich nach der wichtigsten Trophäe im Klubfußball so sehr wie Messi. Zum Ende seiner Karriere möchte er den Pokal unbedingt noch einmal gewinnen. Es wäre das fünfte Mal für den 32-Jährigen. Er hätte es dann wieder allen gezeigt, auch Bartomeu.

Der Streit glimmt schon länger. So kritisierte Messi in dieser Saison immer wieder die Personalpolitik. Etwa, dass trotz seines Drängens die Rückholaktion von Neymar aus Paris scheiterte. Inzwischen gilt als sicher, dass sich die Führung um Bartomeu nie ernsthaft um den Brasilianer bemüht hatte. Für sie ist Neymar seit dessen aufsehenerregendem Abschied 2017 in Ungnade gefallen, und die Reise nach Paris, als man mit den Verantwortlichen von PSG verhandelte, war vielleicht ein fingiertes Manöver, um Messi zu besänftigen.

Stattdessen verpflichtete man den französischen Weltmeister Antoine Griezmann, mit dem Messi bis heute nicht warm wurde. Erst kürzlich betonte Messi, wie gern Neymar zurückkehren würde, und machte bei der Gelegenheit Werbung für seinen Landsmann Lautaro Martínez von Inter Mailand. Der sei "spektakulär und sehr komplett".

Weitere Brisanz erfuhr der Konflikt zwischen dem Präsidenten und dem Spieler zu Jahresbeginn, als sich der Verein nach zweieinhalb Jahren sehr unterkühlt von Ernesto Valverde trennte. Der Trainer genoss bei den Spielern, allen voran bei Messi, hohes Ansehen. Weil die Mannschaft unter seiner Führung beim erstmalig in Saudi-Arabien ausgetragenen Supercup früh an Atlético Madrid scheiterte, musste er gehen, obwohl Barcelona zu dieser Zeit Tabellenführer in Spanien war.