Nach dem Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden hat der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) eine enge Abstimmung mit den Parteien zum Schutz ihrer Wahlkämpfer angekündigt. "Wir werden sicherlich nicht jeden einzelnen Wahlkämpfer beschützen können, das geht schon rein zahlenmäßig nicht. Aber wir werden noch stärker als bisher versuchen, eine kluge Raumdeckung hinzubekommen", sagte Schuster der Süddeutschen Zeitung

Man wolle mit Informationen der Parteien die Aktionen und Veranstaltungen besser ausmachen können, die besonders schutzbedürftig seien – und das nicht nur beim Besuch von Parteiprominenz.

Der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Matthias Ecke, war beim Plakatieren in Dresden von vier Unbekannten angegriffen und schwer verletzt worden. Auch Wahlhelfer der Grünen wurden dort attackiert. Ein 17-Jähriger stellte sich später der Polizei. Es war nicht der erste Vorfall: Zuvor waren in Essen zwei Grünenpolitiker attackiert worden. Bei ihnen handelt es sich nach Medienberichten um den Grünenbundestagsabgeordneten Kai Gehring und den dritten Bürgermeister von Essen, Rolf Fliß. Vergangenes Wochenende hatten außerdem Demonstranten in Brandenburg das Auto der Grünenpolitikerin Katrin Göring-Eckardt bedrängt. 

Harte Bestrafung für Täter

Der Angriff löste bundesweit Entsetzen aus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Vertreter aller Parteien verurteilten die Angriffe. Auf Demonstrationen versammelten sich am Sonntag in Dresden und Berlin mehrere Tausend Menschen.

Schuster sprach sich für eine harte Bestrafung von Tätern aus, die Wahlkämpfer attackieren. Das müsse "maximal geahndet" werden. "Denn wenn Wahlplakate heruntergerissen werden, geht es nicht nur um Sachbeschädigung, sondern um die Beeinträchtigung freier Wahlen." Hetze habe ganz konkrete Auswirkungen auf der Straße.

Auch Göring-Eckardt, die selbst bedrängt worden war, forderte bessere Schutzmaßnahmen. "Ich bin wirklich überzeugt, dass wir uns genau ansehen müssen, das ist jetzt die Aufgabe der Innenminister, mit welchen Sicherheitsvorkehrungen wir Wahlkämpfe, aber auch andere Aktivitäten absichern müssen."

"Es muss darum gehen, Haltungen in der Gesellschaft zu ändern"

Schutzmaßnahmen für gefährdete Personen in der Öffentlichkeit hochzufahren, hält Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul hingegen nicht für nötig. "Eine Gesellschaft, in der Politiker mit Polizisten herumlaufen, man keine Informationsstände mehr machen kann und man sich nicht mehr traut, auf der Straße Leute anzusprechen – das kann es nicht sein. Das dürfen wir nicht zulassen", sagte Reul dem WDR. Es gehe nicht nur um den Schutz von Politikern. "Es muss darum gehen, Haltungen in der Gesellschaft zu ändern." Das fange bei Kindern an.

Die Ursache für die Vorgänge sieht Reul in einer Verrohung der politischen Debatte. Die Sprache sei rauer und beleidigender geworden, die Äußerungen verletzender und verleumderischer. "Das findet im Netz eine starke Vermehrung. Du kannst ungestraft alle möglichen Beleidigungen aussprechen", sagte Reul. Den Trend zur Gewalt sieht er nicht nur im Zusammenhang mit Politikern. "Wir haben ja auch Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungssanitäter. In der Gesellschaft haben wir mehr Gewaltbereitschaft." Zu möglichen Schutzmaßnahmen für Politiker sagte Reul, wenn es ein Bedrohungspotenzial gebe, erhielten die betroffenen Personen auch Schutz durch Polizei. "Wir schauen uns die Fälle klar an."

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder macht derweil die in Teilen rechtsextreme AfD für die Angriffe mitverantwortlich. Söder sagte auf den Sendern RTL und ntv, "dass die AfD die Leute alle aufhetzt". Besonders junge Leute würden über das Internet aufgestachelt, "gerade von der ganzen AfD-Ideologie". Dagegen müsse vorgegangen werden. "Jede Straftat gegen Demokraten muss stark und hart geahndet werden", forderte der CSU-Chef.

Söder zog in Verbindung damit historische Parallelen zu Gewalttaten in der Endphase der Weimarer Republik. In RTL und ntv sprach er von einer "Vorstufe", die es heute in Deutschland gebe. Damals, als "Nazi-Gruppen, (…) auch kommunistische Gruppen, Demokraten geschlagen, zurückgedrängt haben", hätten diese damit "ein Gefühl der Unsicherheit im Land erzeugt" und sich selbst "dann als die Retter präsentiert". So etwas dürfe man heute derartigen Gruppen nicht durchgehen lassen.