Nach den Enthüllungen um ein prorussisches Propagandanetzwerk hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Vorwürfe gegen führende AfD-Politiker erhoben. Das Aufdecken der mutmaßlich russischen Einflussoperation rund um die Website Voice of Europe sei ein wichtiger "Schlag gegen den russischen Propaganda-Apparat", sagte Faeser dem Spiegel. Die Enthüllungen zeigten erneut "das massive Ausmaß der Lügen und der Desinformation", mit dem das Regime von Russlands Staatschef Wladimir Putin das Vertrauen in unsere "Demokratie erschüttern, Wut schüren und die öffentliche Meinung manipulieren" wolle, fügte sie hinzu. Es sei "wichtig, dass diese Einflussoperation vor der Europawahl aufgedeckt wurde".

Dass auf dem Desinformationsportal auch führende AfD-Politiker immer wieder aufgetaucht seien, zeige, "die Putin-Freunde der AfD lassen sich hier immer wieder einspannen und zum Teil des russischen Propaganda-Apparats machen", sagte Faeser.

Infolge der Enthüllungen will die Bundesregierung internationale Maßnahmen zum Kampf gegen Desinformationsnetzwerke verstärken. "Wir richten derzeit zwischen Deutschland, Frankreich und Polen ein Frühwarn- und Reaktionssystem ein im Hinblick auf Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland", teilte das Auswärtige Amt mit. Ziel sei, keine Versuche der Einflussnahme in demokratische Prozesse zuzulassen.

Die Außenministerien in Paris, Warschau und Berlin befänden sich im Hinblick auf ein solches Frühwarnsystem "in enger und intensiver Abstimmung", wurde weiter mitgeteilt. Als Beispiele für die Zusammenarbeit nannte das Auswärtige Amt gemeinsame Veranstaltungen und entsprechende Arbeitsgruppen. 

Bericht über russisches Propagandanetzwerk

Die tschechische Regierung hatte in dieser Woche mitgeteilt, ein von der russischen Regierung finanziertes Propagandanetzwerk ausgehoben zu haben. Dabei soll die in Prag ansässige Website Voice of Europe genutzt worden sein, um Propaganda im Sinne Russlands zu verbreiten. Ziel der Einflussoperation sei es gewesen, die EU davon abzuhalten, der Ukraine weitere Hilfe zu leisten, sagte Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala. Tschechien habe die Betreiber von Voice of Europe auf die nationale Sanktionsliste gesetzt.

Der tschechischen Tageszeitung Deník N zufolge sollen einige europäische Politiker, die mit Voice of Europe zusammenarbeiteten, Geld aus Russland erhalten haben. In einigen Fällen soll das Geld zur verdeckten Wahlkampffinanzierung für die Europawahl im Juni eingesetzt worden sein. Dem Bericht zufolge erhielten Politiker aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Ungarn, den Niederlanden und Polen entsprechende Zahlungen. Auch der Spiegel berichtet über solche Geldflüsse. Bezahlt worden sein sollen die Politiker demnach entweder bei persönlichen Treffen in bar oder per Kryptowährung.

Auf der Internetseite waren unter anderem Interviews mit dem AfD-Europaspitzenkandidaten Maximilian Krah sowie dem auf Listenplatz zwei stehenden AfD-Politiker Petr Bystron zu finden. Krah bestätigte gegenüber dem Spiegel, der Website zwei Interviews gegeben zu haben, gab aber an, dafür kein Geld erhalten zu haben. Bystron antwortete dem Magazin zufolge zunächst ausweichend auf eine Frage zur möglichen Bezahlung im Gegenzug für Interviews, später bezeichnete er entsprechende Berichte demnach als "Verleumdung".

An der Enttarnung des Propagandanetzwerks waren dem Spiegel zufolge mehrere europäische Geheimdienste beteiligt, darunter das Bundesamt für Verfassungsschutz. Federführend war der tschechische Sicherheitsinformationsdienst BIS.