Das Auswärtige Amt lehnt das Vorhaben der Innenministerkonferenz ab, den Abschiebestopp nach Syrien für straffällig gewordene Geflüchtete auszusetzen. In Syrien gebe es eine "anhaltende Verhaftungswelle", die "potenziell auch rückkehrwillige Syrer außerhalb des Landes gefährdet", heißt es in einem vertraulichen Bericht, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Auch die Grünen kritisieren den Vorstoß der Innenminister.

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich bei ihrem Treffen in Lübeck dafür ausgesprochen, die Abschiebung von Gefährdern zu ermöglichen. Die Regelung solle auch für Menschen gelten, die schwere Straftaten verüben, und für solche, die für Heimatbesuche nach Syrien zurückkehrten. Die Konferenz fordert die Bundesregierung nun auf, entsprechende Voraussetzungen für die Rückführung nach Syrien zu schaffen.

Zunächst gilt der Abschiebestopp nach Syrien aber bis zur Jahresmitte ohne Ausnahme weiter. Er war in den vergangenen Jahren immer wieder verlängert worden und wäre zum Jahresende ausgelaufen. Eine Verlängerung hatten unter anderem Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen gefordert. Zudem beschlossen die Innenminister ein höheres Kontingent für besonders schutzdürftige Flüchtlinge aus unsicheren Drittstaaten. Über das sogenannte Resettlement sollen statt wie bislang 500 künftig bis zu 1.600 Menschen im Jahr in Deutschland aufgenommen werden.

Kein Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter

Das Auswärtige Amt warnt angesichts der von den Innenministern geplanten Abschieberegelung, dass den Rückkehrern beträchtliche Gefahren in dem Bürgerkriegsland drohen. "Nach wie vor besteht in keinem Teil Syriens ein umfassender, langfristiger und verlässlicher interner Schutz für verfolgte Personen", heißt es in dem Dokument. 

Demnach führten die Behörden eine Datenbank mit rund 1,5 Millionen Namen von Menschen, die von der syrischen Justiz per Haftbefehl gesucht werden, darunter auch viele Flüchtlinge. Es gebe keine Rechtssicherheit und keinen Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter, so das Auswärtige Amt. Der Bericht soll der Innenministerkonferenz vorgelegt werden.

Grüne werfen der Innenministerkonferenz Populismus und Unwissenheit vor

Die Grünen kritisierten die Pläne der Innenminister ebenfalls. Deutsche Behörden dürften "Straftäter nicht in eine Situation, wo Gefahr für Leib und Leben droht, abschieben", sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünenbundestagsfraktion Luise Amtsberg im Morgenmagazin des ZDF. 

Wer dennoch nach Syrien abschieben wolle, müsse "direkt mit dem Assad-Regime kooperieren, das Regime, das dazu beiträgt, dass viele Menschen aus diesem Land fliehen", fügte Amtsberg hinzu. Die Grünenpolitikerin bezeichnete die Diskussion über Rückführungen in das Bürgerkriegsland als "populistische Debatte" und warf den Verantwortlichen "große Unwissenheit" und "große Unkenntnis" vor. 

Am Donnerstagabend hatten in Lübeck einige Hundert Menschen gegen eine Lockerung des Abschiebestopps für Syrerinnen und Syrer demonstriert. An dem Protestzug beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 200 Menschen.