Nach der Festnahme zweier mutmaßlicher Spione in Bayern haben Unionspolitiker die Ampelkoalition zu mehr Einsatz gegen russische Geheimdienstaktivitäten aufgefordert. "Russland geht bei der Spionage in Deutschland immer aggressiver vor", sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). "Dieser erneute Vorfall muss ein Weckruf für unsere Sicherheitsbehörden sein, vor allem für den Militärischen Abschirmdienst."

Die Einrichtungen der Bundeswehr seien ein Hauptziel derartiger Spionageaktivitäten, sagte Wadephul. Er erwarte deshalb, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) "die Spionageabwehr zur Chefsache macht und alles daransetzt, Schaden von der Bundeswehr und unseren Verbündeten abzuwenden". Aber auch bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müsse die Abwehr russischer Spionage einen höheren Stellenwert einnehmen. "Hierzu höre ich von ihr zu wenig", sagte Wadephul. 

"Viele russische Agenten sind mit Touristenvisa bei uns"

Der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Roderich Kiesewetter (CDU), forderte gegenüber dem RND eine Überprüfung der Geheimdienstbefugnisse "hinsichtlich der Frage, ob sie angesichts der Spionage- und Sabotagedrohungen noch angemessen sind". Überprüft werden müsse außerdem die Visapolitik. "Denn viele russische Agenten sind mit Touristenvisa bei uns", sagte Wadephul.

Auch der frühere Chef des Bundesnachrichtendiensts, Gerhard Schindler, geht von größeren russischen Spionageaktivitäten aus. "Kriegerische Auseinandersetzungen sind immer auch die Stunde der Spione", sagte er dem RND. "Russland hat daher in den letzten Jahren seine nachrichtendienstlichen Operationen kontinuierlich hochgefahren, nicht nur in der Ukraine, sondern im Westen generell." Schindler bezeichnete Spionage und Sabotage als Instrumente im "Standard-Werkzeugkasten russischer Geopolitik". Die jetzt enttarnten geheimdienstlichen Aktivitäten in Deutschland seien "daher keine Überraschung, sondern die Spitze des Eisbergs".

Die beiden in Bayreuth festgenommenen Deutschrussen befinden sich inzwischen in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft ihnen vor, Sabotageakte in Deutschland geplant und dafür potenzielle Anschlagsziele ausgekundschaftet zu haben – darunter auch Einrichtungen des US-Militärs. Auch in Polen wurde in dieser Woche ein Mann wegen des Verdachts auf Spionage für Russland festgenommen.