Großbritannien hat nach übereinstimmenden Berichten erstmals einen abgelehnten Asylbewerber nach Ruanda geschickt. Wie mehrere britische Medien am Dienstag berichteten, verließ der Mann bereits am Montag das Vereinigte Königreich freiwillig in Richtung der ruandischen Hauptstadt Kigali. Das britische Parlament hatte vergangene Woche nach langem Streit den Plan zur Abschiebung von Migranten nach Ruanda gebilligt.

Der Mann wurde im Rahmen eines freiwilligen Programms abgeschoben, das sich von dem umstrittenen Zwangsabschiebeprogramm unterscheidet, das Premierminister Rishi Sunak vergangene Woche nach langem Streit im Parlament durchgesetzt hatte. Im Rahmen des freiwilligen Programms erhält jeder Asylsuchende bis zu 3.000 Pfund (3.500 Euro) für die Ausreise nach Ruanda. Damit will die britische Regierung die Zahl der Flüchtlinge reduzieren, die in den vergangenen Jahren ins Land kamen.

Vorwurf der PR-Aktion

Die Aktion ist nicht Teil des viel kritisierten Plans der konservativen Regierung, irregulär eingereiste Asylbewerber ungeachtet ihrer Herkunft zu Tausenden nach Ruanda abzuschieben. Die Sun sprach dennoch von einem historischen Moment, der zeige, dass es möglich sei, Asylsuchende in einen Drittstaat abzuschieben. Dagegen kritisierte die oppositionelle Labour-Partei, es handele sich um eine PR-Aktion im Wahlkampf.

"Die Torys sind so verzweifelt, irgendeinen Flug vor den Kommunalwahlen nach Ruanda zu schicken, dass sie nun jemanden bezahlt haben, um dorthin zu fliegen", sagte die innenpolitische Labour-Sprecherin Yvette Cooper. Bei den Kommunalwahlen in England an diesem Donnerstag droht der Konservativen Partei von Premierminister Rishi Sunak eine herbe Pleite.

Wenige Stunden vor den Berichten über die erste erfolgte Abschiebung nach Ruanda hatte das britische Innenministerium das Ziel ausgegeben, bis zum Jahresende 5.700 Menschen nach Ruanda zu schicken. Das ostafrikanische Lande habe dem "im Prinzip" zugestimmt, hieß es weiter.

Sicheres Drittland

Irregulär eingereiste Menschen sollen künftig ungeachtet ihrer Herkunft und ohne Prüfung ihres Asylantrags nach Ruanda abgeschoben werden können, das ostafrikanische Land wurde dafür als sicheres Drittland eingestuft.

Nach dem neuen Modell werden die Asylanträge nun von der ruandischen Regierung in Kigali geprüft. Sollten sie angenommen werden, bekommen die Flüchtlinge ein Aufenthaltsrecht in dem ostafrikanischen Land und können nicht nach Großbritannien zurück.

In den vergangenen Jahren sind Zehntausende Migranten nach Großbritannien gekommen, viele auf der Flucht vor Krieg und Armut in ihren Heimatländern in Asien, Afrika und dem Nahen Osten. Oft nehmen sie den riskanten Weg über den Ärmelkanal in kleinen Booten. Organisiert wird die Überfahrt häufig von Schlepperbanden. Die Regierung will die Einwanderung eindämmen und setzt damit eines ihrer zentralen Wahlversprechen um. Das Gesetz sieht vor, dass alle nach dem 1. Januar 2022 illegal Eingereisten in das rund 6.400 Kilometer entfernte afrikanische Land geschickt werden. Nach offiziellen Angaben sind seitdem mehr als 50.000 Menschen nach Großbritannien gekommen.