In Mexiko ist ein weiterer Politiker Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Noé Ramos Ferretiz, ein Kandidat für das Bürgermeisteramt in Ciudad Mante im Bundesstaat Tamaulipas, sei attackiert worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Weitere Details nannte sie nicht. Mexikanische Medien berichteten, Ramos sei während seiner Wahlkampfaktivitäten auf der Straße erstochen worden.

Ramos' Partei verurteilte das Attentat und forderte mehr Schutz für die Kandidaten im laufenden Wahlkampf. Der Sprecher für öffentliche Sicherheit von Tamaulipas, Jorge Cuéllar Montoya, sagte der Nachrichtenwebsite Milenio, Ramos Ferretiz habe keinen Personenschutz für seinen Wahlkampf beantragt. Der Politiker war für ein Bündnis aus der oppositionellen Nationalen Aktionspartei und der Revolutionspartei angetreten. Er war am 3. März von seinem Amt als Bürgermeister zurückgetreten, um sich zur Wiederwahl zu stellen, und zum Zeitpunkt seiner Ermordung erst seit fünf Tagen im Wahlkampf.

Morddrohungen bereits vor eineinhalb Jahren

Laut Berichten des Mediums Infobae hatte Ramos Ferretiz bereits im Dezember 2022, als er schon Bürgermeister von El Mante war, Morddrohungen gegen ihn angezeigt. Es gibt Spekulationen über eine Verbindung zum Drogenhandel. So bestätigte Staatssicherheitsminister Sergio Hernández Chávez García im Zusammenhang mit den Morddrohungen gegen Ramos Ferretiz, dass mindestens elf Gemeindepräsidenten ebenfalls Morddrohungen von kriminellen Banden erhalten hätten.

Die Ermordung von Ramos Ferretiz erinnert an jene von Gisela Gaytán, einer Morena-Kandidatin für die Gemeinde Celaya in Guanajuato, die am helllichten Tag und mitten auf der Straße an ihrem ersten Wahlkampftag erschossen wurde. Ihre Ermordung ist bis heute ungesühnt geblieben. 

Mexiko steht kurz vor den größten Wahlen seiner Geschichte: Bei der anstehenden Wahl am 2. Juni werden rund 21.000 Posten neu besetzt, darunter das Präsidentenamt und neun Gouverneursposten. Aus der Präsidentenwahl wird zum ersten Mal mit Sicherheit eine Frau als Staatsoberhaupt hervorgehen, da die beiden großen Parteienbündnisse jeweils mit Spitzenkandidatinnen antreten. In den Umfragen führt die Kandidatin des linken Regierungsbündnisses um die Partei Morena, Claudia Sheinbaum. Für das Dreiparteienbündnis der Opposition tritt Xóchitl Gálvez an.

Der mexikanischen Organisation Laboratorio Electoral zufolge ist der Wahlprozess 2024 der gewalttätigste in der modernen mexikanischen Geschichte.

Viele Ermordete waren Mitglieder der Regierungspartei

Nach offiziellen Angaben wurden bereits mindestens 15 Politiker getötet. Einer Untersuchung der mexikanischen Beratungsfirma Integralia zufolge, über die die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, verzeichnete 24 getötete Kandidaten zwischen dem 1. September und dem 1. April. Zudem seien fast 400 Personen, die mit verschiedenen politischen Kampagnen in Verbindung stehen, Opfer von Gewalt geworden, sei es durch Drohungen, Entführungen oder Ermordungen. Mehr als die Hälfte der Ermordeten waren Kandidaten der Regierungspartei Morena.

Die Motive hinter den Morden bleiben meist unbekannt. Oft stecken die mächtigen Drogenkartelle des Landes hinter den Angriffen. Messerattacken sind für diese Banden jedoch ungewöhnlich.

Der Bundesstaat Tamaulipas ist seit Langem von Revierkämpfen von Drogenkartellen geprägt. Gleichzeitig hat sich die Sicherheitslage einem Bericht des globalen Think Tanks Institute for Economics and Peace (IEP) vom Mai 2023 zufolge (PDF) in den vergangenen acht Jahren verbessert, und Tamaulipas zählt heute zu den sichersten Bundesstaaten Mexikos. Dem Bericht zufolge haben sich die kriminellen Gruppen in Mexiko in den vergangenen Jahren an die veränderten Konsumgewohnheiten in den USA angepasst und operieren anstatt mit Marihuana zunehmend mit synthetischen Opioiden wie Fentanyl. Zwischen 2019 und 2022 stieg die Zahl der Beschlagnahmungen von Fentanyl an der Grenze zwischen Mexiko und den USA um 300 Prozent. Auch der Konsum innerhalb Mexikos steigt: Im Dezember bestätigte eine in der medizinischen Fachzeitschrift Harm Reduction Journal veröffentlichte Studie erstmals, dass Fentanyl auch die mexikanische Hauptstadt und ihre Umgebung erreicht hat.