EU-Ratspräsident Charles Michel rechnet nach eigenen Worten damit, dass die EU-Mitgliedsländer schon bald eine Entscheidung zu weiteren Lieferungen von Luftverteidigungssystemen an die Ukraine treffen. "Das ist keine Frage von Monaten. Es ist eine Frage von "Tagen und Wochen", sagte Michel beim EU-Gipfel in Brüssel. Er könne versichern, dass alle Beteiligten alles täten, was möglich sei, um den Prozess zu beschleunigen.

Die EU hatte zuvor angesichts heftiger russischer Raketen- und Drohnenangriffe auf die Ukraine weitere militärische Unterstützung in Aussicht gestellt. Es sei dringend notwendig, dem Land Luftverteidigungssysteme zur Verfügung zu stellen und die Lieferung aller erforderlichen militärischen Unterstützung, einschließlich Artilleriemunition und Raketen, zu beschleunigen und zu intensivieren, teilten die EU-Staats- und Regierungschefs in einer gemeinsamen Erklärung mit. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj appellierte in einer Videoschalte mit den Gipfelteilnehmern erneut, sein Land in der Luftverteidigung stärker zu unterstützen. Er verwies dabei auch auf die erfolgreiche Abwehr des iranischen Raketen- und Drohnenangriffs auf Israel. "Leider haben wir in der Ukraine, in unserem Teil Europas nicht das Niveau an Verteidigung, das wir vor einigen Tagen im Nahen Osten gesehen haben", sagte Selenskyj. "Unser ukrainischer Himmel und der Himmel über unseren Nachbarn verdient die gleiche Sicherheit."

Selenskyj dankt Deutschland für Patriots

Konkret forderte Selenskyj Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot, Iris-T, Samp-T und Nasams. Er dankte zudem Deutschland für die Bereitschaft, ein drittes Patriot-System abzugeben.

Zum Auftakt des EU-Gipfels hatte Bundeskanzler Olaf Scholz die Verbündeten eindringlich dazu aufgerufen, mehr Waffen an die Ukraine zu liefern. "Der russische Angriffskrieg wird mit großer Brutalität unverändert vorgetragen, und wir wissen, dass wir mehr tun müssen, als wir bisher machen, um die Ukraine zu unterstützen", sagte der SPD-Politiker. 

Die Staats- und Regierungschefs begrüßten in Brüssel zudem Fortschritte bei den Verhandlungen über eine Nutzung von Zinserträgen aus dem eingefrorenen russischen Zentralbankvermögen für die Ukraine und forderten eine schnelle Annahme von Vorschlägen dazu. Allein dieses Jahr könnten nach früheren Angaben bis zu drei Milliarden Euro zusammenkommen, mit denen dann zum Beispiel Waffen für die Ukraine gekauft werden könnten.

Der zweitägige Gipfel in Brüssel war eigentlich organisiert worden, um Strategien zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der EU zu diskutieren. Die Lage im Nahen Osten und in der Ukraine wurden wegen der jüngsten Entwicklungen aber ebenso auf die Tagesordnung genommen.