Kurz vor einer Anhörung im US-Senat zur Sicherheit von Boeing-Maschinen hat ein Schlüsselzeuge gefordert, sämtliche Dreamliner 787 weltweit vorübergehend aus dem Verkehr zu ziehen. Das Langstrecken-Passagierflugzeug könnte auseinanderfallen und "zu Boden stürzen", warnte der Boeing-Ingenieur Sam Salehpour, der sich als Informant an die US-Flugaufsicht gewendet hatte, im Sender NBC News. Salehpour soll am heutigen Mittwoch in einer Anhörung im US-Senat aussagen.

Die Vorwürfe des Ingenieurs waren in der vergangenen Woche durch einen Bericht der New York Times publik geworden. Er beschuldigt den US-Konzern, seine wiederholten schwerwiegenden Warnungen zur Sicherheit und Qualitätskontrolle beim Zusammenbau der Modelle 777 und 787 ignoriert zu haben. Laut seiner Aussage hat Boeing Rumpfteilen fehlerhaft zusammengefügt, dies könne die Lebenszeit der Flugzeuge verringern. Boeing wies die Anschuldigungen zurück.

Der Konzern wies die Vorwürfe zurück. Chefingenieur Steve Chisholm gab an, dass 671 Maschinen des Typs ihre Inspektionen nach sechs Betriebsjahren absolviert hätten. Dabei seien bei keinem Flugzeug Probleme festgestellt worden. Auch eine 787, bei der von 2010 bis 2015 die Belastung von 165.000 Flügen simuliert worden sei, habe keine Anzeichen von Materialermüdung am Rumpf gezeigt. Die Ergebnisse der Untersuchungen seien durch die US-Luftfahrtbehörde FAA abgesegnet.

Die Managerin des Flugzeugherstellers, Lisa Fahl, teilte mit, Boeing sei bei der Entwicklung der 787 extrem vorsichtig gewesen. Die Vorgabe für den Abstand zwischen den Rumpfteilen sei auf 0,127 Millimeter – was in etwa der Dicke eines menschlichen Haares entspricht – festgelegt worden, weil es das erste Flugzeug mit einem Rumpf aus Verbundmaterialien gewesen sei. Durch weitere Daten habe man aber herausgefunden, dass auch größere Abstände zulässig seien, sagte sie weiter und verwies auf Inspektionsdaten. Auch beim Modell 777 hätten neue Produktionsmethoden nicht zu Problemen geführt.

Salehpour wirft Boeing zudem Drohungen vor

Salehpour warf Boeing zudem vor, ihn trotz gegenteiliger Beteuerungen unter Druck zu setzen. Dem Fernsehsender NBC sagte Salehpour, er sei von Boeing mit Vergeltungsmaßnahmen konfrontiert worden. Unter anderem habe er Drohungen und den Ausschluss von Sitzungen erfahren, nachdem er Bedenken über Probleme mit den Spaltmaßen angesprochen habe. 

Im Januar war es bei Boeing zu einem Zwischenfall gekommen, bei dem eine Maschine des Typs 737-9 Max im Flug ein Rumpfteil verlor. Unter den mehr als 170 Passagieren gab es keine schwerwiegenden Verletzungen. Bisherigen Untersuchungen der Unfallermittlungsbehörde NTSB nach fehlten vier Befestigungsbolzen an dem herausgebrochenen Rumpfteil. Alle anderen Maschinen des Typs wurden zunächst für mehrere Wochen stillgelegt, durften aber nach Inspektionen wieder fliegen.

Das Unternehmen steht seither in der Kritik und sieht sich mit der Forderung konfrontiert, die Qualitätskontrollen zu verbessern. Boeing muss der FAA einen ausführlichen Plan vorlegen. Zudem blockiert die Behörde den Ausbau der Produktion der 737-Baureihe. Im US-Senat soll das Thema nun ebenfalls geprüft werden.

Salehpour arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Ingenieur bei Boeing an der 787 und dem viel genutzten Langstreckenmodell 777.