Die Bundesregierung fordert von verbündeten Staaten weitere kurzfristige Hilfe für die Luftabwehr der Ukraine. Dazu hätten sich Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius an Partner gewandt, teilten Sprecher beider Ministerien mit. Die Adressaten seien Partner bei Nato und Europäischer Union sowie auch Drittstaaten, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts, ohne dabei konkreter zu werden. Bei der Initiative Immediate Action on Air Defense gehe es darum, die Ukraine schnellstmöglich bei der Flugabwehr noch stärker zu unterstützen.

Von "hochgradig dringlicher Hilfe" schreibe die Bundesregierung in ihrem Aufruf an die Verbündeten, berichtet der Spiegel über einen "Brandbrief" der beiden Minister.

"Schwerpunkt der Bundesregierung liegt weiter auf der nachhaltigen Unterstützung der ukrainischen Flugabwehr", sagte ein Regierungssprecher. Er verwies darauf, dass die Bundesregierung der Ukraine ein drittes Flugabwehrsystem vom Typ Patriot zur Verfügung stellen werde. "Das ist ein wichtiger Beitrag zur Verteidigung der Ukraine." Der Sprecher des Außenministeriums sagte, das Thema werde beim Treffen der G7-Ressortchefs auf Capri am Donnerstag und Freitag erörtert werden. Auch bei den Beratungen der EU-Außenministerinnen und -Außenminister am Montag werde darüber gesprochen werden.

"Noch mal nach Hause fahren und gucken: Was geht da"

Zum Auftakt des an diesem Mittwoch beginnenden EU-Gipfels in Brüssel rief auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Verbündeten eindringlich dazu auf, mehr Waffen an die Ukraine zu liefern. "Der russische Angriffskrieg wird mit großer Brutalität unverändert vorgetragen, und wir wissen, dass wir mehr tun müssen, als wir bisher machen, um die Ukraine zu unterstützen", sagte er. Neben Munition und Artillerie benötigten die ukrainischen Streitkräfte insbesondere Luftverteidigung.

Scholz verwies darauf, dass sich die Bundesregierung für die Lieferung eines weiteren Patriot-Luftabwehrsystems entschieden habe. "Das ist unmittelbar nützlich für die Ukraine, aber wir wollen auch andere ermutigen, das Gleiche zu tun." Die "furchtbaren" russischen Luftangriffe zeigten, "dass das notwendig ist, genau da etwas zu machen", sagte der Kanzler. "Für mich wird das hier bei diesem Gipfel auch darauf ankommen, viele davon zu überzeugen, dass sie noch mal nach Hause fahren und gucken: Was geht da." Es müsse jetzt schnell gehandelt werden.

In einer ersten Reaktion signalisierten die Niederlande und Dänemark Unterstützung. Man werde prüfen, in welcher Art und Weise man helfen könne, sagte der niederländische Regierungschef Mark Rutte. Es sei glasklar, dass man alles Notwendige tun werde, um die Ukraine so lange und so intensiv zu unterstützen, wie es erforderlich sei. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen erklärte, jeder müsse sich nun fragen, ob es nicht besser wäre, einige der eigenen Luftverteidigungssysteme in die Ukraine zu schicken. Es gebe diese Systeme in Europa, und einige von ihnen müssten jetzt in die Ukraine geliefert werden, sagte Frederiksen.

Nato-Ukraine-Rat tagt am Freitag

In Kiew forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von der Nato sofortige Schritte für eine bessere Luftverteidigung seines Landes. "Die Ukraine benötigt sofortige Maßnahmen zur Stärkung ihrer Luftverteidigung", sagte Selenskyj nach einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Dieser berief kurzfristig für diesen Freitag eine Sitzung des Nato-Ukraine-Rats ein. Es werde darum gehen, den dringenden Bedarf der Ukraine an mehr Luftverteidigungssystemen und Artilleriegeschossen anzugehen, sagte er.

Zuletzt war die Ukraine an diesem Mittwoch Ziel eines massiven russischen Luftangriffs. In Tschernihiw im Norden des Landes wurden ukrainischen Angaben zufolge dabei mindestens 17 Menschen getötet. "Dies wäre nicht passiert, wenn die Ukraine ausreichend Luftabwehrausrüstung erhalten hätte und die Entschlossenheit der Welt, dem russischen Terror Widerstand zu leisten, ausreichend wäre", hatte Selenskyj nach dem Angriff gesagt.