In der New Yorker U-Bahn erscheint zwischen Werbung für Deo, Anwaltskanzleien und Shopping-Apps neuerdings eine Kampagne, die kein Produkt und keine Dienstleistung anpreist, sondern eine Straßenbenutzungsgebühr. Die Citymaut, die ab Juni in Manhattan zu entrichten ist, werde nicht nur Staus verhindern, heißt es da, sondern auch die Umwelt entlasten, die Straßen sicherer machen und Rettungsfahrzeuge schneller zum Einsatzort kommen lassen.

New York ist tief gespalten über das congestion pricing, eine Staugebühr, wie die recht unglückliche offizielle Bezeichnung für die Maßnahme lautet. Nicht einmal die kommende Präsidentschaftswahl wird in der Stadt so kontrovers diskutiert.

Ein Kommentator auf der Webseite City Limits sieht in den Staus gar "das Markenzeichen einer lebendigen, wachsenden, blühenden, offenen und einladenden Stadt", die durch die Maut nun stranguliert werde. Vor allem die Bewohner der Vororte sind mit großer Mehrheit dagegen. In der Innenstadt leben nur knapp neun Millionen Menschen, in der Tri-State-Area, dem Ballungsraum zu dem auch Teile der Nachbarstaaten New Jersey und Connecticut gezählt werden, rund 23 Millionen. Sie alle betrachten Manhattan als ihre City, wo sie arbeiten, einkaufen oder ausgehen.

Dürfen nur noch Reiche nach Manhattan?

Besonders die Pendlerinnen und Pendler sehen in der Maut einen Versuch, bei den Vorstädtern abzukassieren. Weil an ihren Wohnorten das öffentliche Verkehrsnetz unattraktiv ist, nehmen viele lieber das eigene Auto. Das wird jetzt noch teurer. Wer mit dem privaten Pkw vom Highway-Ring um Manhattan in die Straßenzüge der Innenstadt einfährt, zahlt tagsüber 15 Dollar Gebühren. Für Taxis gilt ein reduzierter Satz von 1,25 Dollar und Taxi-Apps wie Uber oder Lyft von 2,50 Dollar. Kontrolliert wird per Kamera.

Der Vorwurf der Kritiker: Die Maut werde Manhattan endgültig zur Spielwiese der Reichen machen. Die Schauspielerin Whoopi Goldberg warnte in der TV-Show The View, die in Manhattan aufgezeichnet wird, sie könne sich die Gebühr zwar leisten, "aber viele meiner Freunde, die jeden Tag hierherfahren, die hier weggezogen sind, weil sie es sich nicht mehr leisten konnten, hier zu leben, können es nicht".

Die Maut werde das Aus für die Broadway-Theater bedeuten, glaubt Susan Lee, die Vorsitzende einer Gruppe namens New Yorkers Against Congestion Pricing, die die staatliche Verkehrsgesellschaft MTA verklagt. "Sie wollen mir noch mal 15 Dollar abknöpfen, zusätzlich zu dem, was ich ohnehin schon dafür ausgeben muss?"

Doch die Wirtschaftsvertreter sind nicht alle gegen die Maut. Eine Befürworterin ist Kathryn Wylde, die Präsidentin der Partnership for New York City, einem einflussreichen Lobbyverband der lokalen Unternehmen, hält Lees Befürchtung für haltlos. "Wenn man einen Abend mit der Familie für 1.000 Dollar verbringt, glaube ich nicht, dass die Mautgebühr ausschlaggebend sein wird", sagte sie der New York Times.

Damit spielt Wylde auf die extrem teuren Eintrittspreise für Broadway-Shows an, die mit durchschnittlich 128 Dollar pro Ticket in der vergangenen Saison einen neuen Höhepunkt erreicht haben. Dazu kommen noch Essen oder Drinks und nicht zuletzt das Parken. 24 bis 32 Dollar pro Stunde sind in begehrten Gegenden nicht ungewöhnlich.