Es gibt Analysen unserer vielfach zersplitterten Gegenwart, die einen anders aus der Lektüre herauskommen lassen, als man hineinging. Und damit willkommen zur Lektüre von Simon Schaupps Stoffwechselpolitik. Der in Basel lehrende Soziologe untersucht die kulturelle Ausgestaltung vor allem westlicher Industriegesellschaften, indem er sich einem vernachlässigten Komplex von Aneignung und Zerstörung der Ressourcen Mensch und Umwelt widmet: der Arbeit.

Gleich zu Beginn kontert Schaupp mit diesem Zugriff einer gern gepflegten Haltung: der moralisch unterspülten Kritik des Konsumismus. Die rückt gern unseren "ökologischen Fußabdruck" ins Zentrum umweltpolitischer Aufmerksamkeit – nicht selten schwingt sie auch eine Distinktionskeule gegen vorgebliche Minderleistungen: Lastenradfahrten, Biomarkteinkäufe und Inlandsreisen per Zug schonen zwar die Natur, werden das Ruder bei der Umweltvernichtung aber wohl nicht herumreißen. Was der Blick auf den ökologischen Fußabdruck hingegen tatsächlich zeigt, ist erstens: Die zehn reichsten Prozent der Weltbevölkerung pusten mit Privatflugzeugen oder großmotorigen Autos die Hälfte aller Umweltgifte in die Atmosphäre. Und zweitens: Die Menschen, die sich gar kein Auto leisten können, kleine Wohnungen haben und sich selten Neuanschaffungen finanzieren, leben oft ökologischer als diejenigen, die ihren extensiven Konsum auf biozertifizierte Kleidung umstellen.