Die parteilose Hochschulprofessorin Louisa Specht-Riemenschneider soll neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) werden und damit die Nachfolge von Ulrich Kelber antreten. Nach langem Hin und Her einigten sich gestern die Fraktionen der Grünen und der FDP auf die Personalie, wie der Tagesspiegel berichtete.

Specht-Riemenschneider gilt als renommierte Expertin im Bereich Datenschutz. Bisher ist sie Professorin für Bürgerliches Recht sowie Datenrecht an der Universität Bonn. Im Politikbetrieb ist sie bereits bekannt: Unter anderem ist sie Vorsitzende des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen beim Bundesumweltministerium. 2023 war sie zudem ein halbes Jahr lang Vorsitzende des Digitalbeirates des Bundesdigitalministeriums und sie ist Mitglied der Gründungskommission für das im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung geplante Dateninstitut – eine neue Einrichtung des Bundes, die dabei beraten soll, wie Daten zugänglich gemacht, geteilt und standardisiert werden.

Wann sie die Leitung der Bonner Behörde übernehmen wird, ist noch unklar. Der oder die oberste Datenschutzbeauftragte wird von der Bundesregierung vorgeschlagen und anschließend vom Bundestag gewählt. Wann die Wahl stattfinden kann, ist noch nicht bekannt.

Der bisherige Bundesdatenschutzbeauftragte, Ulrich Kelber, hat das Amt auf Wunsch der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas noch bis Anfang Juli kommissarisch inne. Laut einem Sprecher der Behörde steht mit dem leitenden Beamten Jürgen Müller ein Stellvertreter bereit, sollte die Nachfolge bis dahin formell noch nicht abgeschlossen sein, das berichtete ebenfalls der Tagesspiegel. Kelber war seit 2019 Bundesdatenschutzbeauftragter, zuvor saß der Diplom-Informatiker 18 Jahre lang für die SPD im Bundestag.

War Kelber zu kritisch?

Um die Nachfolge Kelbers hatte es im Vorfeld einen langwierigen Streit gegeben. Eigentlich wollte der SPDler gerne weitermachen und eine zweite Amtszeit antreten, unter Experten gilt auch er als fachlich kompetent – doch die Verlängerung wurde ihm, wie der Spiegel bereits im Januar meldete, verwehrt. Über die Gründe wurde seitdem vielfach spekuliert.

Kelber hatte in seiner fünfjährigen Amtszeit keinen Konflikt gescheut: Unter anderem hatte er das Bundespresseamt (BPA) aufgefordert, den Facebook-Auftritt der Bundesregierung abzuschalten, weil dieser nicht datenschutzkonform sei. Das BPA hatte daraufhin gegen die Anordnung Kelbers geklagt.

Außerdem hat er die elektronische Patientenakte mehrfach kritisiert – wohl zum Ärger des Gesundheitsministers Karl Lauterbach. Das entsprechende Gesetz hatte der Bundesrat im Februar gebilligt, es sieht vor, dass alle Versicherten Anfang 2025 eine E-Patientenakte bekommen, außer sie lehnen diese aktiv ab. Diese Widerspruchslösung greife erheblich in das Grundrecht auf die informationelle Selbstbestimmung ein, mahnte Kelber

Das könnte zumindest Specht-Riemenschneider anders sehen, in einem Video für das Digitalministerium hatte sie vor einem Jahr gesagt, dass ihr die elektronische Patientenaktie besonders am Herzen liegen würde.

Formal endete Kelbers Amtszeit im Januar dieses Jahres, in seinem letzten Tätigkeitsbericht hatte er noch einmal davor gewarnt, dass es durch den Einsatz künstlicher Intelligenz zu Grundrechtsverletzungen und Diskriminierungen kommen könne. Zudem hatte er der Bundesregierung empfohlen, den Verordnungsentwurf der EU zur geplanten Chatkontrolle zu überarbeiten, andernfalls sei dieser "insgesamt abzulehnen".