Menschen aus sozial benachteiligten Wohngebieten sterben in der Regel früher als Menschen aus wohlhabenden Gegenden. Diese Ungleichheit bei der Lebenserwartung hat sich laut einer Studie in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten verschärft. 

Allgemein sei die Lebenserwartung zwischen 2003 und 2019 im Durchschnitt leicht gestiegen, berichtete ein Team unter der Leitung des Robert Koch-Instituts (RKI) im Fachblatt The Lancet Public Health. Bei Menschen aus ärmeren Wohngegenden allerdings stagnierte die Entwicklung, oder die Lebenserwartung stieg langsamer.

Während sich die Lebensdauer von Frauen aus den am meisten und den am wenigstens benachteiligten Gegenden im Jahr 2003 noch um 1,1 Jahre unterschied, waren es 2019 bereits 1,8 Jahre. Auch bei Männern wurde der Abstand größer – von drei Jahren Unterschied im Jahr 2003 stieg er auf 3,1 Jahre im Jahr 2019. "Danach, während der Covid-19-Pandemie, vergrößerte sich der Abstand noch schneller auf 2,2 Jahre bei Frauen und 3,5 Jahre bei Männern im Jahr 2021", heißt es in der Studie.

Die Wissenschaftler führen das maßgeblich auf Entwicklungen der Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zurück, insbesondere Lungenkrebs. Demnach starben im Laufe der Zeit zwar insgesamt weniger Menschen an diesen Krankheiten, allerdings sank die Sterblichkeit bei Menschen aus benachteiligten Gebieten weniger stark als bei Menschen aus wohlhabenderen Gegenden. Nach 2019 spielte die Coronapandemie eine entscheidende Rolle, da die Sterblichkeit in sozial benachteiligten Regionen besonders hoch lag.

Lebenserwartung sinkt

Die Lebenserwartung in Deutschland sank seit Beginn der Coronapandemie deutlich. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug im Jahr 2021 für neugeborene Mädchen 83,2 Jahre und für neugeborene Jungen 78,2 Jahre. Damit hat sich die Lebenserwartung von Neugeborenen im Vergleich zum letzten Vorpandemiejahr 2019 stark verringert, wie das Statistische Bundesamt berichtete: bei Jungen um 0,6 Jahre, bei Mädchen um 0,4 Jahre.

Für die Studie untersuchten die Forschenden Daten von allen Menschen, die zwischen Anfang 2003 und Ende 2021 verstorben waren und ihren Wohnsitz in Deutschland hatten. Die Daten beruhen auf Angaben des Statistischen Bundesamtes. Zusätzlich verwendeten sie einen am RKI entwickelten Datensatz zur Erfassung regionaler sozioökonomischer Benachteiligung. Er gibt Auskunft über Bildungsabschlüsse, Beschäftigung und Einkommen.