Auf den letzten Metern stellt sich bei manchen Käufern ein Schlendrian ein, kritisiert ein Experte.

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Dafür, dass eine Wohnung die wohl größte Anschaffung im Leben vieler Menschen ist, hält sich deren Wissensdurst vor dem Kauf oft in Grenzen. Wie viel der künftige Nachbar für seine Wohnung bezahlt hat, ließe sich nämlich einfach herausfinden. Dafür müsste nur am Bezirksgericht ein Grundbuchauszug um ein paar Euro angefordert werden. Das kann in Österreich jeder tun, das Grundbuch ist öffentlich.

Auch das Begehen der Wohnung bzw. des Hauses mit einem Sachverständigen könnte Unsicherheiten klären – etwa, ob in den nächsten Jahren eine größere Dachsanierung ansteht. "Viele kaufen nach dem Motto 'Wird schon gutgehen'", sagt David Koch, Immobilienökonom an der FH Kufstein.

Auf den letzten Meilen vor dem Wohnungskauf beobachtet er einen gewissen "Schlendrian". Viele würden auf tiefergehende Recherchen verzichten – wohl, um angesichts der hohen Immobilienpreise Geld zu sparen. Die Folgekosten können aber weitaus höher sein.

Recherche im Vorfeld

Auch der Immobilienmakler David Breitwieser vom Wiener Büro Optin Immobilien hat noch nicht erlebt, dass Wohnungssuchende eine Grundbuchrecherche machen. Und Sachverständige würden so gut wie nie zur Besichtigung der Traumwohnung mitgenommen – höchstens ein Bekannter, der in der Immobilienwirtschaft tätig ist. Anders sei das im Luxussegment: "Bei einer Villa im 19. Bezirk kommen die Kunden dann schon mit einem Sachverständigen."

Natürlich wird recherchiert, aber hauptsächlich im Vorfeld: Die Marktsituation wird im Internet genau beobachtet, sagt Makler Breitwieser. Wohnungssuchende würden genau wissen, welche Wohnungen gerade errichtet werden, was sie bieten – und wie viel dafür verlangt wird.

Mehr Transparenz

Es stehen heute mehr Informationen zur Verfügung als früher. Denn die Transparenz am Immobilienmarkt ist in den letzten Jahren gestiegen – den unzähligen Immobilienpreisspiegeln, die in schöner Regelmäßigkeit von der Statistik Austria, der Wirtschaftskammer oder diversen Portalen veröffentlicht werden, sei Dank.

Allerdings gibt es hier in den Details manchmal recht deutliche Divergenzen. Das führt Immobilienökonom Koch auf unterschiedliche Erhebungsmethoden zurück. Häufig werden von Immobilienportalen Angebotspreise herangezogen, mit denen die Wohnungen oder Häuser bei ihnen beworben werden. Das Problem: Ob diese Preise auch tatsächlich bezahlt werden, ist unklar. Am Ende wird der Preis oft noch nach unten gedrückt. Der große Vorteil dieser Preisspiegel ist laut Koch aber, dass die Daten mit konkreten Details über die Wohnungen aufgefettet werden können, weil dafür ja Immobilieninserate herangezogen werden.

Andere Anbieter wiederum arbeiten mit tatsächlich erzielten Kaufpreisen. Dafür gibt es bei diesen Statistiken wiederum oft nur die "nackten" Preise und keine Details zu den Wohnungen. Ob Luxus oder SubStandard, beides fließt gleichermaßen in diese Statistik ein. Und auch Schwarzzahlungen – ein Problem, das laut Koch in den letzten Jahren aber zurückgegangen ist – scheinen in der offiziellen Statistik nicht auf. Eine dritte Möglichkeit ist die Markteinschätzung von Experten zu fiktiven Projekten.

Teure Bauchentscheidung

Klar ist: Jede Methode hat ihre Stärken und Schwächen. "Es braucht noch einige Schritte, um zu einem besseren Preisspiegel zu kommen", meint Koch. Er wünscht sich ein System wie beim Verbraucherpreisindex, bei dem geregelt ist, wie viele Produkte wie in die Berechnung einfließen.

Wohnungssuchende orientieren sich laut Einschätzung von Koch aber eher an den Preisen vergleichbarer Wohnungen auf Immobilienportalen. Am Ende sind ohnehin nicht die nackten Zahlen ausschlaggebend: Für die meisten ist der Wohnungskauf eine Bauchentscheidung. Wenn auch eine teure. (Franziska Zoidl, 19.6.2019)