Lorenz K. vor Gericht

Schreiduell im Terrorprozess: „Nur Anwaltskitsch!“

Gericht
26.04.2024 12:20

Schon vor sieben Jahren stiftete er einen 13-jährigen Deutschen an, ein Selbstmordattentat zu begehen. Im Gefängnis soll Lorenz K. einfach so weitergemacht, andere radikalisiert haben – rief auch zum Mord auf. „Der IS war meine Welt“, gibt er im Landesgericht Wien zu. Die Verteidigung und der Staatsanwalt sorgten für lautstarke Aufregung im Prozess.

Er ist seit seinem letzten Prozess kaum wiederzuerkennen, wiegt doppelt so viel und ist mit Muskeln aufgepumpt. Dabei findet sich der nun 25-Jährige in einer sehr ähnlichen Situation wieder wie im Jahr 2017. Lorenz K. muss sich vor einem Geschworenengericht wegen versuchter Bestimmung zum Mord, versuchter Bestimmung zur vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel sowie der Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation verantworten.

13-Jährigen mit Bombe auf Adventmarkt geschickt
Bereits Ende November 2016 stiftete der Wiener einen gerade einmal 13-Jährigen aus dem deutschen Ludwigshafen an, ein Selbstmordattentat auf einem Adventmarkt zu begehen. Nur weil die gebaute Bombe nicht zündete, blieb der Bursche am Leben und die Bestimmung zum Mord im Versuchsstadium – dafür wurde Lorenz K. zu neun Jahren Haft verurteilt.

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Bedenken Sie bitte immer, was für ein gefährlicher Mann Lorenz K. ist.

Der Staatsanwalt an die Geschworenen

Der Staatsanwalt weist darauf hin: „Die Vorwürfe sind heute komplett gleich zu dem ersten Verfahren.“ Seit sieben Jahren sitzt der 25-Jährige in verschiedenen Justizanstalten seine Haftstrafe ab, hat eigentlich seit Beginn ein illegales Handy – mit Verbreitung von Propaganda und dem Gedankengut des IS habe Lorenz K. nie aufgehört. Insgesamt vier Personen soll er zu einem Terroranschlag aufgerufen haben. Es blieb glücklicherweise beim Versuch.

IS „wie eine Drogensucht“
Sein Verteidiger David Jodlbauer betont, dass das nichts mit Glück zu tun habe: „Bei seiner Verhaftung war er ganz sicher ein Terrorist, ein Salafist, ein IS-Anhänger. Er hat den Wahnsinn, den der IS verbreitet, geglaubt. Das ist er jetzt aber sicher nicht mehr.“ Sein Mandant habe nie wirklich geglaubt, dass jemand seinetwegen einen Anschlag begehen würde.

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Ist er so dumm und macht das Gleiche noch einmal? Ist er so ein unbelehrbarer Salafist, ein Terrorist? Ist er ein verlorenes Schaf, das man ausgrenzen muss? Nein, ist er nicht.

(Bild: Bissuti Kristian/Kristian Bissuti)

Verteidiger David Jodlbauer über seinen Mandanten Lorenz K.

Der 25-Jährige habe von Gleichgesinnten Unterstützung, Kraft und Aufmerksamkeit bekommen – in Gefängnissen nicht selbstverständlich. „Danach kann man süchtig werden. Herr K. beschreibt das selber auch als Drogensucht, wo er immer rückfällig werden kann“, erklärt Anwalt Jodlbauer. Und so sei es auch gewesen, als er den Kontakt zu dem Zweitangeklagten gesucht hatte. Wegen unter anderem versuchten Mordes sitzt der Mandant von Rudolf Mayer eine 16-jährige Haftstrafe ab. 

Pause nach lautstarkem Emotionsausbruch
Einen Teil davon saß er in der gleichen Justizanstalt wie der bekannte Hassprediger Mirsad O. – der den 34-Jährigen schließlich radikalisierte. Anwalt Mayer macht auf den eigentlich tief verankerten serbisch-christlichen Glauben des Mannes aufmerksam: „Der war alles, nur kein Islamist. Warum springt so jemand dann da auf? Weil IS-Propaganda ausgezeichnet ist.“ Rudolf Mayer kritisiert die Haftverhältnisse, wie es denn sein könne, dass ein verurteilter Hassprediger im Gefängnis weiter Leute anwerben konnte.

Eine Kritik, die sich der Staatsanwalt – als Vertreter der Republik Österreich – nicht gefallen lässt. Er setzt zu einer Replik auf die Eröffnungsplädoyers der Verteidigung an: „Das ist alles nur Anwaltskitsch, was Sie da gehört haben“, richtet er sich an die Laienrichter. Das will sich Verteidiger Rudolf Mayer nicht sagen lassen – nach einem Schreiduell wird die Verhandlung für eine kurze Pause unterbrochen. Mayer bleibt dem Saal danach fern, sein Kollege übernimmt.

Als sich die hitzige Stimmung wieder legt, kommt Lorenz K. erstmalig zu Wort, gibt tiefe Einblicke in seine Radikalisierung. Mit 14 Jahren kam er das erste Mal ins Gefängnis. Sein Zellenpartner schenkte ihm einen Koran „und da war eigentlich alles drinnen, was ich gesucht habe. Das war für mich wie eine Antwort. Das war das Einzige in meinem Leben, das ich je gelernt habe. Da kannte ich mich aus. Der IS war meine Welt. Er war für mich der Befreier allen Übels. Er war das notwendige Übel.“

Zur Bestimmung zum Mord bekennt er sich aber nicht schuldig. Zwar sei er Mitglied der terroristischen Organisation gewesen, aber: „Ich hab gewusst, dass er nicht bereit war, einen Mord zu begehen.“ Und das sagt er auch über seine anderen drei Gleichgesinnten. Bei einer anklagekonformen Verurteilung droht dem 25-Jährigen bis zu lebenslange Haft. Am 13. Mai wird mit Zeugen fortgesetzt.

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